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Kinofilm der Woche

Battle Of The Sexes – Gegen jede Regel

20th Century Fox · 23. November

Beim „Battle of the Sexes“ standen sich im Jahr 1973 Ex-Wimbledon-Sieger Bobby Riggs und seine jüngere Kollegin Billie Jean King auf dem Platz gegenüber. Eine Schlüsselrolle bei diesem Event-Match kam allerdings auch Marilyn Barnett zu, die gleichzeitig Kings Frisörin und Geliebte war. Wir trafen deren Darstellerin Andrea Riseborough zum Interview.

Miss Riseborough, waren Sie eigentlich mit der Geschichte vertraut, die in „Battle Of The Sexes“ erzählt wird?
Leider nicht in meiner Jugend, was ich wirklich höchst bedauerlich finde. Meiner Meinung nach sind dieses Tennis-Match und sein Kontext eine dieser Geschichten, die eigentlich schon jedes Kind hören sollte. Wir sollten auch alle schon in jungen Jahren lernen, dass es noch nicht lange her ist, dass Frauen erstmals ohne Unterschrift ihres Mannes ein Bankkonto eröffnen durften. Solche Dinge sind in Sachen Gleichberechtigung und Geschlechterverhältnis so wichtig. Stattdessen haben wir damals eher wochenlang über Franz Ferdinand und den Ersten Weltkrieg gesprochen.

Aber von Billie Jean King hatten Sie schon mal gehört, oder?
Na klar. Nur eben erst als Erwachsene, nicht schon früher. Sie ist eine tolle Frau und eine echte Inspiration für uns alle.

Etwas über die echte Marilyn Barnett herauszufinden, war sicher deutlich schwieriger...
Definitiv. Im Grunde habe ich mich der Rolle fast blind genähert, weil mir keine Archivaufnahmen und auch sonst nichts zur Recherche zur Verfügung stand. Gleichzeitig hatte ich allerdings auch ein ziemlich klares Bild von Marilyn. Denn in „Battle Of The Sexes“ geht es ja um Billie Jeans Blick auf sie. Und den kannte ich. Mein Ziel war es, eher ihr Wesen allgemein und ein Gefühl für die Zeit einzufangen. Diese Freiheit und Sinnlichkeit. Dass Billie Jean am Ende zu mir sagte, ich habe ihre Ex-Freundin so genau getroffen, dass es schon fast irreal sei, hat mich schon etwas stolz gemacht.

Wie wichtig war dafür die Zusammenarbeit mit Emma Stone, die King spielt?
Natürlich unerlässlich. Mein ganzes Spiel in diesem Film ist eigentlich eine Reaktion darauf, was Emma in den jeweiligen Szenen gemacht hat. Überhaupt war es ganz essentiell, dass wir uns beide vollkommen vertrauten. Wir kannten uns schon von den Dreharbeiten zu „Birdman“, aber hier kamen wir uns noch viel näher, was für diese vielen sehr intimen, ganz besonderen Momente unserer beiden Figuren wirklich wichtig war.

Finden Sie eigentlich, dass wir in Sachen Gleichberechtigung und Feminismus seit den Siebzigern genügend Fortschritte gemacht haben?
Erschreckenderweise hat sich seither gar nicht so viel verändert, würde ich sagen. Deswegen ist der Film mit seinen Themen ohne Frage auch sehr zeitgemäß. Sogar viel mehr als vor ein paar Jahren, als die Arbeit an „Battle Of The Sexes“ begann. Damals wollte kaum jemand Geld in den Film stecken, weil die Geschichte sich angeblich nicht verkaufen würde. Heute diskutiert die Wirtschaft über Frauenquoten und Hollywood über die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen – und plötzlich sind das ganz heiße Themen, die wir da verhandeln. Aber eigentlich wünscht man sich natürlich, dass das längst nicht mehr nötig wäre.

Ihre Karriere nahm vor rund zehn Jahren am Theater Fahrt auf. Warum standen Sie zuletzt kaum mehr auf der Bühne? Weil es kaum Rollen gibt, die mich interessieren. Fast alles, was mir zuletzt angeboten wurde, waren unemanzipierte Frauen ohne eigene Stimme, die leiden und unterdrückt werden. Darauf habe ich einfach keine Lust. Das einzige Stück, das mich in den letzten Jahren wirklich interessierte, war eine Neuinszenierung von Shakespeares „Wie es euch gefällt“. Und ausgerechnet da musste ich dann leider aus Zeitgründen passen.

Stattdessen widmen Sie sich, wie so viele Ihrer Kollegen, lieber Fernsehprojekten?
Der Eindruck täuscht. Zuletzt habe ich mal ein paar TV-Produktionen nacheinander gedreht. Aber das waren die ersten seit Jahren und sie werden auch auf absehbare Zeit die Ausnahme bleiben. Die Agatha Christie-Adaption „The Witness for the Prosecution“ und die Miniserie „National Treasure“ habe ich gedreht, weil Sarah Phelps beziehungsweise Jack Thorne absolute Ausnahmeautoren sind. Und dann war da noch mein kurzer Abstecher ins amerikanische Fernsehen, der leider weniger erfreulich war. Eine sehr unangenehme, auch misogyne Erfahrung. Tatsächlich bin ich gerade dabei, jemanden deswegen zu verklagen, weil ich für diese Produktion nicht bezahlt wurde. Kein Wunder also, dass ich mich lieber dem Kino widme, oder?

Fazit: Die reale Geschichte eines Tennismatches zwischen einer Profispielerin und einem ehemaligen Kollegen ergibt kombiniert mit gesellschaftlichen Themen wie Sexismus, Feminismus und den Rechten Homosexueller in den Händen des Regieduos Dayton & Faris einen charmant-mitreißenden Film, nicht nur fürs Nischenpublikum. Emma Stone und Steve Carell glänzen in den Hauptrollen.

Interview: Patrick Heidmann