Literatur

Hörbuchvorstellungen der Woche

Maja Lunde • Benjamin von Stuckrad-Barre • Gunnar Kaiser

Benjamin von Stuckrad-Barre • Ich glaub, mir geht’s nicht so gut, ich muss mich mal irgendwo hinlegen. Remix 3

tacheles! • 21.März

Stuckrad_BarreNach dem Neustart: Der ehemalige Chronist und Analyst der Popkultur Benjamin von Stuckrad-Barre schaut ein weiteres Mal um sich, hinein ins Land und über den Tellerrand. Sein Blick ist ruhiger geworden, da flirrt nichts vor der Iris. Die beiden vorherigen „Remix“-Bände waren wie Speed-Metal: hochenergetisch, da musste etwas abgebrannt werden. Nicht, weil es der Leser (und Hörer) erwartet hätte, sondern weil da jemand aus innerem Antrieb auf der rastlosen Irrfahrt durch die Nation war – als hätte jemand eine Deutschlandkarte für David Lynchs „Lost Highway“ entworfen. „Ich glaub, mir …“ hingegen überzeugt durch stabilere, ruhigere Betrachtungen (bei denen Udo Lindenberg, Boris Becker und Christian Ulmen als Komparsen fungieren). Der Neustart mit konsequenter Ich-Betrachtung forscht in persönlichen Untiefen, ohne erzählerische Qualität einzubüßen. Die vertonte Textsammlung aus den letzten Jahren funktioniert als Kompilation anekdotischer, kurzweiliger Erzählungen nicht zuletzt durch die entspannte Erzählweise Stuckrad-Barres.

Jonas Grabosch


Maja Lunde • Die Geschichte des Wassers

Der Hörverlag • 19. März

Lunde„Es ist nur Wasser“, brüllt Signes Mutter. Man könnte Donald Trump diese Worte in den Mund legen und kaum jemand käme auf die Idee, die Glaubwürdigkeit der Quelle zu hinterfragen. In Zeiten, in denen Staatsoberhäupter den Klimawandel leugnen und sich der Diskrepanz zwischen den Begriffen Wetter und Klima nicht bewusst zu sein scheinen, sind Romane wie „Die Geschichte des Wassers“ umso wichtiger. Nach „Die Geschichte der Bienen“ mit dem Maja Lunde sich monatelang auf Platz 1 der Bestsellerlisten hielt, setzt sie sich im zweiten Teil ihres geplanten Klimaquartetts mit dem Element Wasser auseinander. Die Hörbuchversion teilen sich zwei Sprecher, was - obwohl eher ungewöhnlich - in diesem Fall gänzlich Sinn ergibt, da die beiden Protagonisten nicht nur das Geschlecht voneinander unterscheident, sondern auch die Zeit. Signes Schicksal ereignet sich im Jahr 2017. David und seine kleine Tochter Lou kämpfen 24 Jahre später mit den Folgen. Das Einzige, was einem an Lundes Roman missfallen könnte, ist die erschreckende Nähe zur Realität.

Katharina Raskob


Gunnar Kaiser • Unter der Haut

Osterworld Audio • 01. März 1046 Minuten Laufzeit

Kaiser Wer auf der Suche nach reiner, kurzweiliger Krimiunterhaltung ist, ist beim Debütroman von Gunnar Kaiser an der falschen Adresse. Langsam und detailverliebt entwickelt sich die Geschichte um den Literaturstudenten Jonathan Rosen, der im New York der ausgehenden 60er Jahre auf den älteren, bibliophilen Josef Eisenstein trifft. Gespickt mit allerhand literarischen und musikalischen Zitaten und Anspielungen entwirft Kaiser ein lebendiges Bild der Epoche, nicht ohne Rosen zu einem wundervoll-naiven Erzähler zu machen, der den jüdischen Lebemann Eisenach verstehen und kennenlernen will. Das zugleich distanzierte und forschende Portraits des vermeintlichen Mörders entspannt sich über viele kleine Begegnungen, ohne je sein wirkliches Wesen freizulegen – bis zum zweiten Teil des Hörbuches, in dem die klassische Krimi-Spannung greift und Eisenstein selbst zu Wort kommt. Die über 1000 Minuten Laufzeit bieten Charakterstudie, Popkultur, Sex und Historie, angenehm in Ton gekleidet durch die erfahrenen Stimmen Julian Behns und Reinhard Kuhnerts.

Marina Mucha


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