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The Deuce

HBO • 12. Februar

The Deuce Poster

Walk on the Wild Side

Als der Big Apple noch ein schriller und geiler Dschungel war: Die HBO-Serie „The Deuce“ lässt das New York der 70er-Jahre wiederauferstehen.

„Im Rathaus basteln sie an der „Öffentlichen Ordnung.“ – „Was denn für eine öffentliche Ordnung?“ – „Tja, sieht ganz so aus, als ob New York gar keine hat“, sagt der Porno-Produzent zu seiner besten Darstellerin und ebnet ihr damit den Weg als Regisseurin von Hardcore-Filmen, die über der Ladentheke gehandelt werden dürfen. „The Deuce“, selbstbewusst betitelt nach dem umgangssprachlichen Wort für Scheiße, malt mit satten Farben die Milieustudie des prä-gentrifizierten New Yorks der 70er-Jahre. Das ist ziemlich genau die Zeit, in der Martin Scorsese in „Vinyl“ dem Punk beim Aus-dem-Sumpf-des-East-Village-Kriechen zuschaut und Baz Luhrman 11 Folgen lang in der South Bronx „The Get Down“ feiert. „The Deuce“ hingegen konzentriert sich auf das Herz der Finsternis von Drogenhandel, Gewaltkriminalität und Prostitution: Time Square. Hier geht Candy (Maggie Gyllenhaal) freischaffend auf den Strich und gleich um die Ecke arbeitet Vincent (James Franco) als Manager in einer Bar, die aber nicht so recht laufen will. Franco verkörpert zudem gleich zwei Seiten von New York: Die gute Seite manifestiert sich in Vincent, der sich mit ehrlicher Ausschanklizenz und netten Servicekräften mehr schlecht als recht über Wasser halten kann. Während das böse New York in Körper und Geist von Vincents Zwillingsbruder Frankie steckt, der zwanghaft um alles spielt, was ihm in die Finger kommt. Als er nasenwurzeltief in Schulden steckt, macht ihm die örtliche und ziemlich menschliche Mafia ein lukratives Angebot, das er nicht abschlagen kann – und darüber hinaus das Zeug zum Familienunternehmen hat. Das sind lediglich zweieinhalb von rund sieben Storysträngen, die sich mit jeder Folge tiefer verbandeln. Es gibt noch den schwarzen Polizisten (Lawrence Gilliard Jr) und die schwarze Journalistin (Natalie Paul) auf den Spuren weißer Korruption. Den schwarzen Zuhälter (Gary Carr) mit dem weißen Ausreißer-Mädchen (Emily Meade). Und Vincents neue Kellnerin Abby (Margarita Levieva), die ideologisch die Mutter von „Girl“ Lena Dunham sein könnte. Als Expertise sei zudem noch erwähnt, dass es sich bei den Erdenkern um George Pelecanos und David Simon handelt, die harmlose TV-Zuschauer mit „The Wire“ süchtig nach intelligenten Serien gemacht haben, um dann mit 38 Folgen sozialkritischem Katrina-Drama „Treme“ die Dosis gnadenlos zu erhöhen. Acht weitere Folgen „Deuce“ sind zum Glück für 2018/19 auch schon bestellt.

Fazit:
Sex, Drugs und Revolution. Wer sie nicht selbst erlebt hat, wird den 70er-Jahren in New York nie wieder so nah kommen wie in den acht Folgen von „The Deuce“. Aus aufpoliertem Lokalkolorit und den ungeschönten Körpern von Maggie Gyllenhaal und James Franco haben die Macher von „The Wire“ und „Treme“ neues Serien-Koks erschaffen.

Edda Bauer