Kino

Die Neustarts der Woche

Foto: Svenja von Schultzendorff

Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?

Farbfilm, 30.11.2017

ausgebrannt Eine alte philosophische Frage und die eines Bestsellers lautet: Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Luisa hat ein zweites Ich namens Ann, das aber mehr ist als ein abstraktes Wesen. Eines Tages wacht Luisa auf und ihr abgespaltenes Selbst steht ihr leibhaftig vor Augen. Von dem Schock schnell erholt, stellt sie fest, wie praktisch es ist, doppelt zu existieren. Denn Luisa ist ein klassischer Fall von „kurz vor dem Burn-Out“. Noch dazu muss sie neben ihrer Ehe mit Richard (Charly Hübner) noch eine Affäre mit Richards Chef Leopold (Benno Fürmann) managen. Bald aber bringt Ann mit ihrer „Ich mach, was mir gefällt“-Mentalität Luisa in noch mehr Schwierigkeiten. Psychoanalytisch betrachtet ist Ann das Es und damit die Instanz, die viele Menschen verdrängen, um im Alltag funktionieren zu können. Regisseurin Lola Randl ist ein Film gelungen, wie man ihn nur selten im deutschen Kino findet: kluge Dialoge, intelligenter Humor und viel Mut zum Absurden. Und Lina Beckmann als Luisa: unfassbar gut.

Sylvie-Sophie Schindler


Mountain

DCM, 30.11.2017

Mountain Die Faszination, die Berge auf uns Menschen ausüben, ist nur schwer zu erklären. Mit „Mountain“ liefert Jennifer Peedom jedoch einen eindrucksvollen Versuch. Nachdem sich die australische Regisseurin in ihrem letzten Film „Sherpa“ dem Mount Everest widmete, erklimmt sie in „Mountain“ Gipfel auf der ganzen Welt und geht deren Zauber auf die Spur. Das renommierte Australian Chamber Orchestra liefert mit seinen Interpretationen von Beethoven, Grieg und Vivaldi die passende Dramatik zu den beeindruckenden Bildern, die Menschen in schwindelerregender Höhe zeigen und damit oft den Atem rauben. Aber Peedom konzentriert sich nicht nur auf die unvergleichliche Schönheit und Anmut der Berge, sondern thematisiert auch ihre Bedeutung als spirituelle Symbole, die zunehmende Kommerzialisierung und den stetigen Drang der Menschen, die Naturgewalten zu kontrollieren. Einziger Wermutstropfen ist, dass bei den einzelnen Szenen darauf verzichtet wurde, zu erwähnen, welche Teile der Erde die Aufnahmen zeigen.

Katharina Raskob


Whatever Happens

Universum, 30.11.2017

whatever happens Die Beziehung von Hannah (Sylvia Hoeks) und Julian (Fahri Yardim) ist vorbei. Damit sie die Kaution der gemeinsamen Wohnung zurückbekommen, treffen sie sich noch ein letztes Mal zum Streichen. In Rückblenden erfahren wir von ihrer Liebesgeschichte, die sieben Jahre zuvor begann. Aus einer Zweck-WG wird Liebe und schnell kommt die gemeinsame Tochter zur Welt. Während Julian sich um den Nachwuchs kümmert, macht Hannah Karriere als Unternehmensberaterin und entfremdet sich nach und nach von der Familie. Das ist bisweilen bittersüß, häufig jedoch auch ein wenig belanglos anzuschauen, besonders wenn man „Blue Valentine“ von Derek Cianfrance vor Augen hat, der um einiges drastischer und einfühlsamer über den Verlust der Ewigkeitsillusion Frischverliebter berichten konnte. Niels Lauperts („Sieben Tage Sonntag“) solide und zugängliche Geschichte kann jedoch mit überzeugenden Darstellern, besonders mit Fahri Yardim als tiefenentspanntem Fotograf, punkten und ist mit einem angenehmen Soundtrack veredelt.

Lars Backhaus