Literatur

Buch der Woche

Catherine Lacey - Niemand verschwindet einfach so

Aufbau · 18. August

Catherine Laceys Debütroman liest man am besten so wie man eine Tafel Schokolade isst: am Stück. Das Buch handelt von der 28-jährigen New Yorkerin Elyria Riley, die eines Tages den vermeintlich sicheren Hafen der Ehe verlässt, um sich nach Neuseeland zu verabschieden. Außer einem Rucksack hat sie lediglich ihre eigenen Gedanken dabei, doch auch die scheinen sie nach und nach im Stich zu lassen. „Ich war kein Mensch, sondern bloß ein Indiz dafür, dass es mich gab“, sagt Elyria, der erste Teil einer Selbstdiagnose, die letztlich ohne Befund bleibt. „Niemand verschwindet einfach so“ liest sich wie das Protokoll eines seelischen Einsturzes, dessen Vorgeschichte Lacey zwischen den Zeilen skizziert. Ob die Sehnsucht nach einem „Spezialisten für Lebenswiederherstellungen“ ein gesamtgesellschaftliches Phänomen darstellt, bleibt in diesem sehr offenen Buch ebenfalls offen. Dafür ist seine Sprache schroff, genau und persönlich, und in den besten Momenten geht von ihr eine hypnotische Faszination aus.

Markus Hockenbrink