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Album der Woche

Nakhane • You WIll Not Die

· 16. März

Foto: Terryn Hattchet

NakhaneCover Um Leben und Tod

Zwischen Neo Soul und Trip-Pop: Der Südafrikaner Nakhane Touré ist einer der Musiker der Stunde. Ein kleines Gespräch über die ganz großen Dinge.

Haben Sie Angst vor dem Tod?

Ich habe lange Zeit damit verbracht, mir Sorgen zu machen – nicht nur über den Tod selbst, sondern auch über das, was danach passiert. Stets hatte ich das ungute Gefühl, er stehe kurz bevor, und das einzige, was ich tun könne, sei, darauf vorbereitet zu sein. Natürlich war und ist das unmöglich.

Wie hat das Ihr Leben geprägt?

Das erste, was man im Christentum lernt, wie ich es im Südafrika der Neunziger erlebt habe, ist der Tag des Jüngsten Gerichts. Als Kind denkt man viel an die Hölle und daran, wie sehr man dort nicht landen möchte. Dann glaubt man, ein guter Mensch zu sein, sei Teil dieser Strategie, doch dafür muss man essenzielle Details seines Wesens ausradieren, sich im Grunde neutralisieren. Man versagt dabei, versucht es erneut – und erschöpft sich.

In der südafrikanischen Tradition wird der Tod eines Familienmitglieds ganz bewusst gewürdigt, während dies in Europa vielerorts ein Tabu ist. Wie stehen Sie dazu?

Wir dürfen trauern, nicht nur privat, sondern es ist auch keine Schande, seinen Schmerz öffentlich zu zeigen. Ich glaube, das ist gut, denn es lokalisiert und reinigt die Wunde und heilt sie letztlich. Nichts wird verschleiert.

Ihre Kompositionen und Lyrics sind universell. Finden Sie dennoch Ihr südafrikanisches Erbe darin reflektiert?

Natürlich – in der Thematik, in den Rhythmen, auch in der Weise, wie ich singe. Wenn ich auf einer Note bleibe, erinnert mich das an meine Kindheit und daran, wie meine Mutter stets zu mir sagte: „Halten, Nakhane, halten!“

Was denken Sie über den Marvel-Film „Black Panther“, der nicht zuletzt das Thema African Identity reflektiert?

Politisch betrachtet – denn alles ist politisch – geht der Film nicht sonderlich tief. Farbige Menschen dürfen Spaß mit einem Film haben, wo die Dinge mal nicht so ernst sind. „Black Panther“ ist ein Superhelden-Streifen, er ist Eskapismus – und darin brillant.

Wie positionieren Sie sich zur in diesem Zusammenhang in den Diskurs zurückgerückten kulturellen Ästhetik des Afrofuturismus?

Ich empfinde den Begriff als unterschwellig beleidigend. Futurismus in oder aus Afrika muss offenbar separat betrachtet und ausbuchstabiert werden, denn die Welt geht immer noch davon aus, Afrika sei zu so etwas nicht in der Lage. Es ist ein Label, aus dem politische Identität schreit, und das ist großartig, aber wir waren schon immer futuristisch. Die Welt wollte einfach nichts davon wissen.

FAZIT: Zarte Electronica, luftgleiche Soul-Vocals, bestechend klares, konsequentes Songwriting: „You Will Not Die“ ist ein Glanzstück moderner Popmusik. Der Nachfolger des, nur in Südafrika vertriebenen Debüts „Brave Confusion“, erstrahlt zugleich universell und zutiefst persönlich in Klang und Wort, das der Sänger nicht zuletzt seiner Befreiung von der Religion widmet.

Friedrich Reip