Musik

Album der Woche

Hurts - Desire

Sony · 29. September

Foto: Bryan Adams

Desire Auf seinem vierten Album „Desire“ widmet das britische Duo Hurts sich so wichtigen wie unbequemen Themen und vertont sie mit vielseitigem Synthie-Pop.

„Mein Name ist Adam Anderson. Ich bin ein Mensch, der unter einer psychischen Störung leidet.“ Mit diesen Worten begann der Keyboarder und Gitarrist des britischen Synthie-Pop-Duos Hurts im Mai einen öffentlichen Brief, in dem er sich zu seinen Depressionen und Angstzuständen bekannte. Seit 20 Jahren leide er unter der Krankheit. Was als Teenager begann, sei im Laufe der Zeit immer schlimmer geworden. Anderson beschloss, den Brief zu verfassen, weil das Thema in der Musikbranche nach wie vor totgeschwiegen wird. „Als Musiker kriegt man immer wieder zu hören: ‚Du spielst doch in einer erfolgreichen Popband, was hast du schon zu beklagen?’, aber so einfach ist das eben nicht“, sagt er. „Wir sind alle bloß Menschen und egal, welchen Job wir haben: Wir sind alle verletzlich. Ich hatte keine Lust mehr, mich zu verstellen.“ „Hold On To Me“, ein Stück auf dem neuen Album handelt nun davon, eben solche schweren Zeiten durchzustehen. „When you feel like letting go/ That’s when you hold on“, heißt es darin. „Mir hilft in dunklen Momenten die Musik – vor allem dieses Album hat mir geholfen“, so Anderson. „Ich war noch nie so hungrig und leidenschaftlich wie bei dieser Platte.“ „Desire“ entstand komplett in Eigenregie und ist das mittlerweile vierte Album des Duos, dem mit der Single „Wonderful Life“ 2010 der Durchbruch gelang. Und wer Hurts damals für ein kurzlebiges Phänomen und ihre Musik für seicht hielt, dem beweisen sie spätestens jetzt das Gegenteil. Zum einen, weil „Desire“ musikalisch höchst abwechslungsreich ausgefallen ist, von sanften Balladen bis zu opulenten Streichern und Bläsern, zum anderen, weil die Platte eben auch textlich viel Denkstoff bietet. Heraus sticht neben „Hold On To Me“ vor allem die Single „Beautiful Ones“ – ein Song für all jene, die „anders“ sind. Für das packende Musikvideo schlüpfte Sänger Theo Hutchcraft in die Rolle einer Drag Queen, die auf dem Heimweg vom Club brutal zusammengeschlagen wird. „Uns wird immer vorgemacht, dass wir in einer liberalen Welt leben, aber diese Dinge passieren nach wie vor“, sagt er. „Adam und ich waren früher selbst totale Außenseiter. Heute sind wir in der luxuriösen Situation, dass unsere Individualität und Andersartigkeit gefeiert wird, aber nicht jeder hat dieses Privileg.“ Der Song und das Video sind deshalb unbedingt als Appell für mehr Toleranz zu verstehen – davon kann es schließlich nie genug geben.

Fazit:
Dem opulenten Synthie-Pop bleiben Hurts auch auf ihrem vierten Album treu. Neben der romantischen Pianoballade „Something I Need To Know “ steht das an Prince erinnernde Stück „Boyfriend“. „Wait Up“ und „Magnificent“ sind derweil mit Chören, Streichern und Bläsern üppig arrangiert. Eine abwechslungsreiche Platte, die gleichzeitig zum Nachdenken anregt.

Nadine Wenzlick