5.11. | Buch der Woche: Rea Garvey • Before I Met Supergirl

Ullstein

5.11. | Buch der Woche - Rea Garvey • Before I Met Supergirl

Rea Garvey ist bekannt für seine markante Stimme, seine Energie auf der Bühne, seine unerschütterliche Wärme und Sympathie. Doch wer glaubt, ihn bereits sehr gut zu kennen, wird in "Before I met Supergirl" überrascht: In seinem ersten Buch zeigt sich der Musiker von einer ungewohnt nachdenklichen Seite – ehrlich, leise, poetisch.

Garvey erzählt von seiner Kindheit im irischen Tralee, von einem Zuhause voller Lachen, Chaos und Musik. Als einziger Sohn neben sieben Schwestern lernte er früh, sich durchzusetzen – und zuzuhören. „Ich war nie der Lauteste“, schreibt er, „aber ich habe früh verstanden, dass jedes Schweigen eine Geschichte hat.“ Diese Geschichten formt er in seiner Autobiografie zu einem Mosaik aus Erinnerungen, Klängen und Gefühlen.

Der rote Faden des Buches ist kein Karriereplan, sondern Garveys Weg zur Selbstfindung. Er beschreibt, wie ihn die irische Weite prägte, die langen Nächte am Meer, das Fernweh, das ihn später nach Deutschland führte. „Ich wollte wissen, was passiert, wenn man die vertrauten Geräusche hinter sich lässt“, sagt er – und man spürt, dass dieses Loslassen für ihn zugleich Aufbruch und Befreiung bedeutete.

Stilistisch liest sich das Buch wie ein Rea-Garvey-Song in Prosaform: rhythmisch, emotional, klar. Die Sprache ist einfach, roh, aber nie schlicht; sie schwingt, fließt, bleibt dadurch hängen. Garvey findet kraftvolle Bilder ohne Pathos – er schreibt über seinen Vater, den Glauben, den Schmerz des Erwachsenwerdens, die Schönheit des Zweifelns. Immer wieder blitzt Humor auf, dieses warme Augenzwinkern, dieses Herzliche, das seine Musik ebenso durchzieht wie seine Persönlichkeit. "Before I met Supergirl" ist kein Rock-’n’-Roll-Memoir, kein selbstverliebtes Rückblicken auf den persönlichen Ruhm. Es ist eine Einladung an alle Leserinnen und Leser, die eigenen Wurzeln neu zu betrachten. Ein Buch, das zeigen möchte, dass der Weg zum „Supergirl“ nicht auf der Bühne beginnt, sondern in den stillen Momenten davor. Und eines, dem genau das gelingt.

Rea Garvey
Before I met Supergirl
ca. 336 Seiten . 22 Euro

Lars Backhaus


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