Kino

30.09. | Kinotipp der Woche

Lost In Face

Cine Global

"Gesichter sind für mich graue Flächen", sagt Protagonistin, Künstlerin und Tausendsassa Carlotta im Dokumentarfilm »Lost in Face«. Gesichter verloren hat sie jedoch nicht, sie hat sie nie besessen. Weder ihr eigenes, noch das ihrer Mutter oder das eines Klassenkameraden. Prosopagnosie, Gesichtsblindheit, wird diese Schwierigkeit, andere Personen anhand von Gesichtern zu erkennen, genannt. Der Film des Neurowissenschaftlers Valentin Riedl zeichnet mit viel Ruhe das Porträt einer Frau, die auch künstlerisch auf der Suche nach dem Gesicht ist. Animationsmosaiken, die vom Ausgeschlossensein erzählen, bieten Einblicke in ihre Fantasiewelt. Haften bleiben Sätze wie dieser: »Jeder Mensch hat eine ganz eigene Geräuschfahne: Das Atmen, das Rascheln der Kleider, der Gang.« Die Bilder im Schein von Kerzen und Lagerfeuer machen stellenweise einen romantisch verklärenden Eindruck. Dennoch wird klar, dass Carlottas Blick auf die Welt nicht defizitär ist, sondern anders ausgerichtet. Daran teilzuhaben, ist eine Bereicherung.

Lost in Face
Cine Global, 30. September

Sophie Glaser