Musik

29.06. | Alben der Woche

Nigel Kennedy • Family of the year

NIGEL KENNEDY

Kennedy Meets Gershwin

Warner • 11. Mai

NigelKennedyEigentlich ist es paradox, dass Nigel Kennedy mit seiner Veröffentlichung von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ bis heute verantwortlich für das erfolgreichstes Klassikalbum aller Zeiten ist. Denn das virtuose Geigengenie behandelte die Klassik noch nie als unantastbare Hochkultur, sondern stets als Grundlage für musikalische Horizonterweiterung. Und so handhabt er es mit jeder Art von Musik, der er sich annimmt. Deswegen überrascht es auch nicht, dass Kennedy weitergeht, als die weltberühmten Standards von George Gershwin nur nachzuerzählen. „Rhapsody In Blue“ wird zur „Rhapsody In Claret & Blue“ und auf gute zweieinhalb Minuten gekürzt. Trotzdem ist das Motiv unverkennbar Gershwin und ungeachtet der minimierten Besetzung und völlig veränderter Instrumentierung ebenso majestätisch. Dabei wirkt nichts forciert oder unangebracht, sondern stringent weiterentwickelt. Man wusste schon vorher, dass Kennedy auch im Jazz zu Hause ist. Mit „Kennedy Meets Gershwin“ stellt er es einmal mehr unter Beweis.

Katharina Raskob


FAMILY OF THE YEAR

Goodbye Sunshine, Hello Nighttime

Warner • 18. Mai

FamilyoftheyearVor vier Jahren verzückte ein Song namens „Hero“ im Trailer eines noch weitaus entzückenderen Films namens „Boyhood“ nicht nur die Teenies. Das Stück brachte anschließend Gitarrenlehrer und -schüler um den Verstand. Zu einfach ist der Song gestrickt, um ihn in Dauerschleife zu hören, und doch etwas anspruchsvoller als mancher Schüler gedacht hätte. Das Problem liegt auf der Hand: Family Of The Year haben seither kein zweites „Hero“ hinbekommen. Ihr neues Album mit dem Titel „Goodbye Sunshine, Hello Nighttime“ muss sich also mit großen Tönen messen. Das Quartett um Frontmann Joseph Keefe, bei dem tatsächlich nur Sänger Joseph und Schlagzeuger Sebastian verwandt sind, schreibt handwerklich solide Popmusik, die ins Ohr geht. Die Songs erzählen verträumte Geschichten mit einem Hauch Melancholie und bleiben gewohnt eingängig - im besten Sinne des Wortes. Singles wie „Let Her Go“ könnten wie „Hero“ ihren Weg in die Formatradios finden, wenn sie schon nicht den nächsten Richard-Linklater-Film untermalen.

Lars Backhaus