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28.09. | Album der Woche

Cher • Dancing Queen

DancingQueenKompromisslos

Cher

Dancing Queen

Warner Music • 28. September

Pop-Legende, Stil-Ikone, Oscar-Preisträgerin: Seit mehr als 50 Jahren mischt Cher im internationalen Showbiz ganz oben mit. Jetzt hat die schauspielernde Sängerin ein Album mit Coverversionen von ABBA-Songs veröffentlicht – ¬und das, obwohl sie ursprünglich gar kein Fan der Kult-Band war. Im Interview verrät Cher, was sie mit Kakerlaken gemeinsam hat und von wem sie Morddrohungen erhält.

Warum ein Album mit ABBA-Coverversionen?

Viele Songs von Benny (Andersson) und Björn (Ulvaeus) umweht eine sanfte Melancholie und Schwermütigkeit, manchmal sogar eine dunkle Seite. Das mag ich sehr! Viele Menschen verbinden mit ABBA vor allem Leichtigkeit und Spaß. Aber die haben irgendwie nicht richtig hingehört.

Waren Sie schon immer ein Fan?

In den Siebzigern kannte ich nur „Waterloo“, „Dancing Queen“ und „Mamma Mia“. ABBA war damals in den USA zwar recht erfolgreich, aber nicht ansatzweise so groß wie in Europa oder Australien. Und ehrlich gesagt, ließ mich die Musik anfangs eher kalt. Ein Fan wurde ich erst viel später.

Wann genau?

1994 durch den australischen Film „Muriels Hochzeit“, in dem ABBA-Songs eine große Rolle spielen, wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie brillant und zeitlos die Kompositionen von Benny und Björn tatsächlich sind.

Wie entstand die Idee für das Album?

Während der Dreharbeiten zu „Mamma Mia 2“, die für mich ziemlich kurz waren: Ich sang „Fernando“, „Super Trouper“, spielte meine wenigen Szenen und fertig. Aber ich hatte auch die Gelegenheit, länger mit Benny zu plaudern. Dabei entstand die Idee. Er fand’s von Anfang an super – und ich dachte still bei mir: Mmmh, ABBA und Cher passt jetzt nicht unbedingt zusammen, aber was soll’s! Ich versuche es einfach und schaue, was passiert. Ich bin sehr neugierig und liebe Experimente.

Apropos neugierig: Stimmt es, dass Sie News-Junkie sind?

Das war früher so. Aber heute kann ich das immer weniger ertragen: Seit Trump und die ganzen anderen Despoten auf dem Planeten randalieren, weiß ich nicht mehr wohin mit meiner Wut. So viel Negativität ist Gift für meine Gesundheit und meinen Teint. Deshalb höre ich jetzt Hörbücher. Zuletzt habe ich mir Biografien von Churchill und Lincoln vorlesen lassen. Das ist wunderbar entspannend!

Sie und der US-Präsident werden in diesem Leben keine Freunde mehr?

Bestimmt nicht! Trump ist ein wandelnder Alptraum. Er missbraucht sein Amt, um weltweit Geschäfte zu machen. Er spaltet, hat Mobbing und schamloses Lügen salonfähig gemacht. Die aktuelle Regierung ist eine einzige Ansammlung von Verbrechern. Es ist eine düstere Zeit für unser Land. Die Atmosphäre ist vielerorts so feindselig aufgeladen – man könnte fast befürchten, dass wir kurz vor einem neuen Bürgerkrieg stehen. Es wird lange dauern, bis sich unser Land von der Trump-Ära wieder erholt hat. Ich hasse diesen Mann aus tiefstem Herzen und ich bin froh, dass ich ihm im Dezember in Washington nicht die Hand schütteln muss, wenn ich dort den Kennedy-Center-Honors-Preis bekomme. Er hat zum Glück abgesagt, weil ihm dort offenbar zu viele liberale Künstler auf einem Haufen sind.

Ist es Ihnen egal, dass Sie mit Ihrer offensiven Ablehnung Fans vergraulen, die Trump unterstützen?

Solche Fans braucht kein Mensch. Wobei ich es ohnehin nicht glaube, dass Trump-Fans mich gut finden. Ich habe noch nie den Stoff geliefert, aus dem Republikaner-Träume sind. Stattdessen bekomme ich aufgrund meiner Anti-Trump-Tweets inzwischen sogar verstärkt Morddrohungen. Mit Fotomontagen, die mich zum Beispiel in einer Gaskammer zeigen…

Haltung zeigen ist Ihnen trotzdem wichtiger?

Meine Grundehrlichkeit war schon immer einer meiner stärksten Charakterzüge. Ich sage das, was ich gerade denke und bin ein extrem undiplomatischer Mensch. Kompromisse schließen? Das ist nichts für mich! Das macht es mir im Leben nicht immer einfach – aber immerhin wissen die Leute immer genau, woran sie bei mir sind.

Manche Stars verwandeln sich im Verlauf ihrer Karriere in Karikaturen ihrer selbst. Sie dagegen haben seit mehr als fünf Jahrzehnten die Coolness für sich gepachtet.

Das Urteil, ob ich jemals cool war, geschweige denn heute noch bin, überlasse ich lieber anderen. Aber wissen Sie was? Ich wundere mich manchmal doch sehr darüber, dass mich die Leute immer noch hören und sehen wollen und dass ich immer noch da bin. Offenbar ist an dem fiesen Witz, der seit langem über mich kursiert, wirklich etwas dran…

Welchen Witz meine Sie?

Frage: Wer überlebt den nächsten Atomkrieg? Antwort: Kakerlaken und Cher!

Interview: Alexander Nebe

Fazit:

Wer, wie die Künstlerin selbst, erstmal denkt, Cher und ABBA wären keine gute Kombination, den überzeugt das Pop-Urgestein mit ihrem 26. Studioalbum vielleicht vom Gegenteil: Die Diva hat zehn ABBA-Klassiker neu eingesungen und das funktioniert dank ihrer unverkennbar markanten Stimme erstaunlich gut, besonders bei ruhigen Songs wie „Chiquitita“.