Musik

28.09. | Alben der Woche

Sophie Hunger • Lenny Kravitz • Paul Weller

Foto: Marikel Lahana


SOPHIE HUNGER

Molecules

Caroline/Universal • 31. August

Sophie HUngerStillstand ist für Sophie Hunger keine Option, das Leben als Novizin scheint ihr heilig. Die Schweizerin mit dem malerischen Namen Emilie Jeanne-Sophie Welti hat schon einige künstlerische Pirouetten aufs Parkett gezaubert und sich dabei nie um ihre flatterhafte Gestalt geschert. Sie singt ihre artifiziellen Folk-Nummern auf Deutsch, Englisch und Französisch, schreibt disparate Filmkompositionen, etabliert ein zweites Standbein als eigenwillige Kolumnistin für den Spiegel und Die Zeit und ist sich nicht zu schade, mit Max Herre beim Bundesvision Song Contest aufzutreten. „Molecules“ markiert erneut eine Kehrtwende, dieses Mal auf elektronischem Terrain. Trotz der Beständigkeit im Wandel gelingt Hunger hier ihr bislang stringentestes Album. Sie bleibt ausschließlich beim Englischen, bewahrt sich Transparenz und Seele des Folk und vertreibt die Zweifler durch stilsichere, minimalistische Beats mit Chuzpe. Verspielt, verknappt, entjazzt: Das steht ihr gut und funktioniert hervorragend.

Daniel Thomas


PAUL WELLER

True Meanings

Warner • 14. September

Paul WellerEnde Mai ist Paul Weller 60 Jahre alt geworden, für ihn ein guter Grund, Besinnlichkeit zuzulassen: Auf seinem letzten Alben fanden sich viele breitbeinige Rocksongs und psychedelische Klangexperimente, sogar einen Filmsoundtrack hat er komponiert. „True Meanings“ ist ein ruhiger Gegenpol, eine zumeist akustische Liedersammlung, auf der sich Weller als hemmungsloser Nostalgiker erweist. Er singt über alte Burgen, gedruckte Bücher und David Bowie, hat mit „Gravity“ ein Lied im Sechsachtel-Takt komponiert, das wie ein Stück aus der Verfilmung einer Shakespeare- Komödie klingt. Seine Fans wissen: Mit „Wild Wood“ hat Paul Weller schon einmal eine zumeist akustische Platte aufgenommen, sie war vor 25 Jahren Startpunkt der Solokarriere des Briten, der zuvor mit The Jam und The Style Council Erfolg gehabt hatte. Jedoch war „Wild Wood“ damals eine robuste Handwerkerplatte. „True Meanings“ klingt hingegen wie eine Exerzitie – eine Besinnung auf das, was im Leben wirklich wichtig ist, „True Meanings“ eben.

André Bosse


LENNY KRAVITZ

Raise Vibration

BMG • 07. September

Lenny KravitzDer Groove klingt satt und saftig auf der neuen Lenny Kravitz-Platte, die Atomsphäre reicht von psychedelisch über romantisch bis hin zu massig. „Raise Vibration“ ist die bereits elfte Studioproduktion des US-amerikanischen Bühnenstars. Was man erwartet: Country trifft auf Funk, trifft auf Soul, trifft auf Pop, trifft auf Rock und das alles mündet oft in Powerballaden. Die so bedeutenden Facetten zeigen die zwölf Songs aber, weil das Musiktalent gern selbst zu den Drumsticks greift oder in die Klaviertasten haut. Kravitz, dessen Stimme gar mal nicht so wenig an die von Red-Hot-Chili-Peppers-Frontmann Anthony Kiedis erinnert, tobt seine musikalische Freiheit aus und hat ein Album geschaffen, in das man sich gerne fieberhaft hineinhört. Das bedeutet nicht, dass „Raise Vibration“ gefällig ist – das verhindern die rotzigen Gitarrenriffs. Doch es könnte wieder eines dieser Kravitz- Alben werden, das man zeitlos bei 180 km/h auf der Autobahn, unter der Dusche oder in einer lauen Sommernacht genießen kann.

Benjamin Freund