Musik

25.10. | Album der Woche

Neil Cowley Trio • Entity

Hide Inside, Proper/Bertus · 20. September

25.10. | Album der Woche - Neil Cowley Trio • Entity

Foto: Tom Barnes

Wiedergefundene Einheit

Auf seinem neuen Album »Entity« kehrt der britische Pianist Neil Cowley der Isolation den Rücken – und feiert gemeinsam mit seinem Trio die Gemeinschaft.

Neil Cowley, auf »Entity« bringen Sie Ihr Trio zurück – und stellen die menschliche Kommunikation in den Vordergrund.

Die Idee hinter dem Titel ist, dass wir, sobald wir als Trio zusammenkommen, unsere individuellen Persönlichkeiten verlieren und zu einem gemeinsamen Wesen werden – zu diesem »dreiköpfigen Monster«. Es ist eine wunderschöne Erfahrung, sich selbst zurückzustellen und Teil dieser übergeordneten Einheit zu werden.

2018 gab es eine radikale Zäsur in Ihrem Schaffen, Sie widmeten sich voll und ganz einem Solo-Projekt.

Ich habe mir damals Unmengen an elektronischem Equipment zugelegt, mit dem ich ständig experimentierte – vielleicht unbewusst, um das menschliche Element zu ersetzen, das ich zuvor mit dem Trio erlebt hatte.

Mit welchem Ziel?

Ich wollte Maschinen dazu bringen, auf mich zu reagieren, ähnlich wie es Musiker auf der Bühne mit ihrem Publikum tun. Bei meinem Soloalbum »Hall of Mirrors« haben wir ein Video produziert, das aus mehreren Fernsehern besteht, die so programmiert wurden, dass sie auf mein Klavierspiel reagieren. Abhängig von der Tonhöhe haben die Fernseher in weißem Rauschen pulsierende Rechtecke erzeugt. Im Grunde war es mein Versuch, eine Interaktion zu erschaffen, wie sie mit echten Menschen stattfindet.

Ist Ihr neues Album nun eine Art Antithese zu dem, was Sie mit Ihrem Solowerk vorhatten?

Es ist definitiv eine Antithese dazu. In unserem Leben gibt es diese Kontrolle und Abhängigkeit, die wir in Form unserer Smartphones dauernd in unseren Händen halten. So viele Probleme entstehen aufgrund dieser Geräte und der Interaktion durch sie.

Sie sprachen einmal von einer menschlichen Gegenwehr.

Die Musik soll die Menschen daran erinnern, wie schön es ist, sie gemeinschaftlich zu erleben. Ich mag es, die Technologie dafür zu nutzen. Aber durch sie vergessen wir gleichzeitig viele Freuden – und an die möchte ich erinnern.

Wie lief die Reunion mit Ihrem Trio ab?

Nach sieben Jahren, viel länger als ich ursprünglich gedacht hatte, entschieden wir, uns wiederzusehen, um herauszufinden, ob die Magie noch da ist. Ich schickte den Jungs eine SMS mit dem Vorschlag, sich im Proberaum zu treffen – ohne irgendwelche Vorbereitungen. Ich wollte, dass alles spontan und ungezwungen bleibt. Und siehe da: nach einer halben Stunde war die Magie zwischen uns wieder spürbar.


Albumcover Neil Cowley Trio Entity

Neil Cowley Trio
Entity
Hide Inside, Proper/Bertus • 20. September

Gemeinsam ist es eben doch am schönsten. Nach einer knapp siebenjährigen Auszeit traf sich Neil Cowley mit seinen langjährigen Mitstreitern Rex Horan (Bass) und Evan Jenkins (Schlagzeug) in Peter Gabriels Real World Studios wieder – und schuf mithilfe des Produzenten Ethan Johns (Ryan Adams, Ray LaMontagne und viele andere) ein bemerkenswertes, atmosphärisches Album. Auf »Entity« lässt das Trio die menschliche Kommunikation hochleben und setzt auf Live-Performances ohne Overdubs.

Markus Brandstetter