Kino

24.01. | Kinostart der Woche

The Favourite - Intrigen und Irrsinn

IrrsinnThe Favourite – Intrigen und Irrsinn

Fox • 20. Januar

Yorgos Lanthimos („The Lobster“) verpasst mit „The Favourite“ dem klassischen Historienfilm und dem Kitsch künstlicher Weiblichkeit einen präzisen Schlag. Queen Anne (Olivia Colman), die Letzte der Stuarts, ist eine menschliche Herausforderung. Unberechenbar und labil ist sie qua Geburt die einzige Frau, die zählt in diesem England zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Zwei Cousinen konkurrieren um die Gunst der Königin und legen sich dabei in ihr Bett um ihr besser ins Ohr flüstern zu können. Die Jugendfreundin Lady Marlborough (Rachel Weisz) und heimliche Regentin sieht sich mit der gefallenen Abigail Masham (Emma Stone) konfrontiert, die nach größtmöglicher Schmach zu allem bereit ist. Die Männer unter ihren Perücken spielen dabei eine untergeordnete Rolle und können die facettenreiche und kraftvolle Performance der drei Frauen aus der Ferne bewundern. Für Coleman bleibt es dieses Jahr nicht bei einem königlichen Auftritt. Sie löst auch Claire Foy als Elisabeth in der dritten Staffel „The Crown“ ab. Nora Harbach


Plötzlich FamiliePLÖTZLICH FAMILIE

Paramount • 24. Januar

Das alte Lied in Sachen Filmtitel: Alles mit „plötzlich“ wird irgendwie turbulent. Plötzlich Prinzessin, Santa, Millionär oder eben Familie. Im Mittelpunkt dieser Turbulenzen: Pete (Mark Wahlberg) und Ellie (Rose Byrne), die sich dazu entschließen, ein Kind zu adoptieren. Dass es mit den Geschwistern Lizzy, Juan und Lita am Ende drei Kids werden, erhöht den Stressfaktor für alle Beteiligten. Regisseur Sean Anders‘ größter Erfolg bislang ist der Zeitreise- Klamauk „Hot Tub Time Machine“, und auch „Plötzlich Familie“ drückt kraftvoll aufs Gag-Pedal. Zudem kann er mit Namen wie Tyg Notaro und Margo Martindale auf kompetentes Personal setzen. Dennoch knirscht der Film an den Nahtstellen. Hier der wunderbar rotzige Humor einer Rose Byrne, die aktuell kaum etwas falsch macht und Kollege Wahlberg lässig die Show stiehlt, dort der unglaublich dick aufgetragene zwischenmenschliche Schmalz, ein penetrant orchestrierter Taschentuch-Imperativ im Stil eines XL-Werbespots zum Thema Adoption. Ingo Scheel


Beautiful Boy BEAUTIFUL BOY

NFP • 24. Januar

Wer 2013 nach „The Broken Circle“ in die Welt hinaus blinzelte, tat das in dem Bewusstsein, gerade das Schönste und das Schrecklichste, das dem Menschen passieren kann – die große Liebe und der Tod des eigenen Kindes – auf der Leinwand gesehen zu haben. Der belgische Regisseur Felix van Groeningen gilt seitdem als einer, der mit dem Inszenieren von stillen Blicken zu ungeschönten Dialogen dafür sorgt, dass die volle Wirkung von echten Gefühlen und deren Schmerzen beim Zuschauer ankommen. 2018 hat er keines dieser Talente eingebüßt. Jeder, der ein Ticket für „Beautiful Boy“ löst, um einem Vater dabei zuzusehen, wie er den unzähligen Rückfällen seines Sohnes in die Meth-Sucht hilflos gegenüber steht, sollte gewappnet sein. Timothée Chalamet („Call Me By Your Name“) wird abwechselnd Beschützerinstinkte, Enttäuschung, Liebe und immer wieder nackte Wut auslösen. Steve Carell als dessen Filmvater wird sie stellvertretend für jeden Zuschauer auf der Leinwand mit veritabler Verzweiflung erleiden. Edda Bauer