Kino

23.08. | Kinostarts der Woche

Nach dem Urteil • Gundermann

NACH DEM URTEIL

Weltkino • 23. August

Nach dem UrteilBeim französischen Kino liegen Fluch und Segen nicht nur nah beieinander, sie scheinen eins zu sein: Stille, Kommunikationsverlust zwischen den Protagonisten, gedeckte Farben und traurige Blicke. So lässt sich, stark verkürzt, auch die Ästhetik von „Nach dem Urteil“ beschreiben, der die Geschichte eines Sorgerechtsstreits mit einem gewalttätigen Vater erzählt. Erst die Abwesenheit des Tons, das Wegfallen der Sprache und die statischen Aufnahmen versorgen den Zuschauer mit dem Gefühl der Beklommenheit, in dem Sohn Julien (Thomas Gioria) gefangen ist. „Gut“ fühlt sich das nicht an – unwillkürlich macht sich im Hals des Zuschauers ein Kloß bemerkbar. Regisseur Xavier Legrands fasst die bedrückende Situation in 90 Minuten gekonnt zusammen und wurde dafür nicht nur mit einem Silbernen Löwen belohnt. Den leicht gequälten Zuschauer belohnt er ganz zuletzt mit einem thrilleresken Finale, das mit Tempo und Energie überzeugt. Insgesamt kein Vergnügen, aber ein gut gemachtes Beziehungsdrama.

Marina Mucha


GUNDERMANN

Pandora • 23. August

Gundermann Man muss nicht in der DDR aufgewachsen sein, um diesen Querkopf zu mögen: Gerhard Gundermann – Liedermacher, Baggerfahrer und Sprachrohr der Lausitzer Braunkohle-Arbeiter – ist in diesem Biopic ein Freak mit Elefantenherz. Kaum ein Fettnäpfchen lässt er für die Verteidigung seiner kommunistischen Ideale aus. Schnell wird klar, dass der sensible Robin Hood-Poet im System ebenso gefangen ist wie in sich selbst. Alexander Scheer („Gladbeck“), der alle Lieder selbst einsang, spielt das mit bewegender Intensität. Der echte Gundermann starb 1998 an einem Schlaganfall. Als bekannt wurde, dass er Stasi-IM war, blieb ein fahler Nachgeschmack. Mit seinem Denkmal scheint Regisseur Andreas Dresen vieles gerade rücken zu wollen: Ohne einseitige Opfer- und Täter-Schemata zu bedienen, stellt er die Schuldfrage. Das Drehbuch entstand in enger Abstimmung mit Gundermanns Witwe. Selten gelang eine DDRBiografie (auch dank der ebenfalls starken Darsteller Axel Prahl und Milan Peschel) so differenziert.

Antje Harders