Musik

22.05. | Album der Woche

Badly Drawn Boy • Banana Skin Shoes

One Last Fruit / AWAL · 22. Mai

Foto: David Oldham

Optimismus muss

Nach acht Jahren Funkstille veröffentlicht Badly Drawn Boy ein neues Album. Es soll Streicheleinheiten für die Seele bieten – für seine und für unsere.

„Im Nachhinein wirkt es wie eine riesige Verschwendung, aber das kann ich nun auch nicht mehr ändern“, sagt Damon Gough. 2000 war der Musiker aus Manchester mit „The Hour Of Bewilderbeast“ wie aus dem Nichts aufgetaucht und mit verschmitzten und sensiblen Songs in den Herzen all derer gelandet, die angewandte Ironie in der Popkultur gerade satt hatten. Es folgten sieben erfolgreiche Alben – und dann wieder nichts. „Der Grund für die lange Sendepause war primär die Trennung von meiner Freundin, die dann rasch auch andere Bereiche tangierte“, erzählt der Sänger. „Wir waren 15 Jahre zusammen, sie ist die Mutter meiner beiden Kinder, so etwas verkraftet man nicht so leicht. Drei Jahre später habe ich mit dem Trinken aufgehört, was dringend nötig wurde. Das Loskommen vom Alkohol hat mir einiges über mich selbst beigebracht, es war quasi der Beginn eines Lernprozesses. Wie man mit dem Leben klarkommt, wie man mit Depressionen klarkommt, wie man mit dieser verrückt gewordenen Welt klarkommt.“

Musik, sagt Badly Drawn Boy, sei eigentlich immer ein Teil seiner Selbsttherapie gewesen, und trotzdem stand die Gitarre in dieser Zeit lange unangetastet in der Ecke. Vor einer Weile fingen die kreativen Säfte dann wieder zu fließen an. Gough hatte im Gespräch mit seiner Therapeutin herausgefunden, dass er selbst den Schlüssel zu seinem Glück in sich trägt und in welche Richtung man ihn drehen muss. „Bei vielen Fragen im Leben liegt die Antwort direkt vor der eigenen Nase“, sagt er jetzt. „Es kommt viel eher darauf an, sie richtig erkennen zu können. Die Veränderung liegt hauptsächlich in der Perspektive. Es ist wie am Steuer eines großen Schiffs: Ein paar Millimeter weiter links oder rechts und plötzlich verändern Hunderttausend Tonnen ihren Kurs. Die Veränderung muss nicht groß sein, um einen Schneeballeffekt auszulösen.“ Das neue Album „Banana Skin Shoes“ ist mit dem Ziel angetreten, diesen Veränderungen gerecht zu werden und dabei die Klischees zu umgehen, die die Popmusik für solche Lebenslektionen bereithält. Badly Drawn Boy löst diese Aufgabe mit dem schluffigen und versöhnlichen Charme des Alltagspoeten, der sich noch immer unter seiner Wollmütze versteckt. „I Just Wanna Wish You Happiness“ ist an die Exfrau adressiert, „I’ll Do My Best“ an sich selbst. „Ich glaube, es ist eine meiner Stärken, optimistische Melodien und optimistische Texte schreiben zu können“, sagt er.

Fazit: Unaufdringlichkeit und Ambivalenz sind normalerweise nicht die Stärken erfolgreicher Popmusik, aber das große Talent von Badly Drawn Boy. Die gut beobachtete Song-Miniatur steht dem Sänger am besten, erst recht, wenn sie mit hübschen Kompositionen kombiniert wird. Weil die Lebenslust auf „Banana Skin Shoes“ hart erarbeitet klingt, wirkt sie umso authentischer, oft zur Verblüffung des Songwriters selbst. „I’m Not Sure What It Is“, staunt er.

Markus Hockenbrink