Musik

21.12. | Album der Woche

Richard Ashcroft • Natural Rebell

Richard Ashcroft Natural RebelRICHARD ASHCROFT Natural Rebel

BMG • 19. Oktober

Mit seinem fünften Soloalbum „Natural Rebel“ will der ehemalige The-Verve- Sänger Richard Ashcroft die Menschen zusammenbringen.

Mr. Ashcroft, Ihr Neues Album trägt den Titel „Natural Rebel“. Sind Sie ein Rebell?

Natürlich bin ich das. Ich mag es nicht, wenn ich in eine Box gesteckt oder eingeordnet werde, wenn ich mich anpassen muss. Umgebungen wie Busse, Züge oder Wartezimmer engten mich schon als junger Mann ein, weil sie bedeuten, dass wir uns fügen müssen. Wenn man mir sagt, dass eine Sache gut für mich ist, habe ich sofort das Bedürfnis, das Gegenteil zu tun. Mein Album ist für alle „Natural Rebels“ – denn all meine Fans sind geborene Rebellen.

Warum das?

Sie haben die Nase voll von der Mainstream-Kultur, von dem was ich als Falschheit der Entertainment- Industrie bezeichne. Ich will, dass es um die Musik geht und die Performance, darum, wie tief man gehen und wie sehr man die Zuhörer bewegen kann. Mir ist egal, wie die Leute gewählt haben.

Sie finden also, dass Politik nichts in der Musik verloren hat?

Wer emotional bewegt werden möchte, soll zu mir kommen. Wer eine politische Rallye will, kann zu all den anderen Künstlern gehen. Ich weiß nicht, wo sie all das gelernt haben. Sie müssen eine geopolitische Universität besucht haben, während ich damit beschäftigt war, Songs zu schreiben. Wissen Sie, die Menschen da draußen arbeiten hart. Ihre Familienmitglieder werden krank, sie sterben, sie müssen sie pflegen. Und dann kommen irgendwelche Musiker auf die Bühne und schimpfen über Zeug, das sie selbst nicht verstehen und das uns nur weiter spaltet. Dabei bedeutet die Tatsache, dass wir alle in einem Raum sind, um diese Musik zu hören doch, dass wir diese Paradigmen schon längst überwunden haben. Ich habe keine Lust, meine Energie den Rest meines Lebens in etwas zu stecken, das die Leute nur spaltet.

Nach 30 Jahren im Geschäft: Was bedeutet Ihnen Musik heute?

In dem Song „That‘s When I Feel It“ versuche ich genau das rüberzubringen: Diesen Sinn der Gemeinschaft, den man durch Musik spürt. Transzendenz ist das richtige Wort. Manchmal fühlt es sich bei meinen Konzerten so an, als hätten alle, inklusive mir und meiner Band, jegliche Sorgen und Schmerzen überwunden, und sind nur im Moment. Unsere Welt bricht zunehmend zusammen. Es gibt nicht viele Möglichkeiten, an denen Menschen zusammenkommen können und alle Vorurteile an der Tür bleiben. Deswegen ist Musik wichtiger als jede andere Kunstform in der Welt.

Interview: Nadine Wenzlick

FAZIT: Klassischer Rock, verziert mit Streichern, Beats und etwas Northern-Soul – auf seinem fünften Soloalbum wollte Richard Ashcroft „all seine Lieblingssounds“ destillieren. In der Ballade „That’s How Strong“ zeigt er seine einfühlsame Seite, „Birds Fly“ kommt mit Slide-Gitarre daher, in „Born To Be Strangers“ spielt er mit bluesigen Sounds und auf der eingängigen Single „Surprised By The Joy“ klingt er lebensfroher denn je.