Musik

21.09. | Album der Woche

Suede • The Blue Hour

Warner • 21. September

Suede The Blue Hour 30 Jahre nach ihrer Gründung befinden sich Suede auf einem kreativen Höhepunkt und veröffentlichen mit „The Blue Hour“ erneut ein kleines Gesamtkunstwerk.

Mit ihrem letzten Album „Night Thoughts“ überraschten Suede Fans wie Kritiker gleichermaßen: Als visuelle Fortführung der Platte ließ die Britpop-Band von Regisseur Roger Sargent einen Film drehen, den sie bei ihren Shows auf eine durchsichtige Leinwand vor die Bühne projizierten. Ein Gesamtkunstwerk, das für viele qualitativ an Suedes Erfolgsalbum „Dog Man Star“ anknüpft e. „Als wir das Album aufgenommen haben, wollten wir bewusst etwas Ausgefallenes machen“, sagt Sänger Brett Anderson. „Dass es so gut ankam, hat uns gezeigt: Man kann interessante Musik machen, primär für sich selbst, und damit trotzdem andere Leute erreichen.“ „The Blue Hour“ sei, so Anderson, die Fortführung von „Night Thoughts“ – noch komplexer und anspruchsvoller. „Es handelt lose von einem Kind, das verloren ist und nach dem die Leute suchen“, so Anderson. „Aber ich will gar nicht zu viel erklären. Kunst ist immer dann am interessantesten, wenn sie mysteriös bleibt. Sie ist da, um Dinge zu hinterfragen und nicht, um Antworten zu liefern. Es geht darum, etwas anzudeuten und den Leuten zu erlauben, ihre eigene Interpretation zu entwickeln.“ Das Kopfkino springt beim Hören von „The Blue Hour“ tatsächlich schnell an. Die zahlreichen Dialogfetzen, die Suede extra aufgenommen haben und die sich durch das Album ziehen, vermitteln das Gefühl, dass etwas Unheilvolles passiert. Darauf soll im Übrigen auch der Albumtitel anspielen: Die blaue Stunde – das Bevorstehen der Dunkelheit. Chöre und opulente Arrangements des „City of Prague Philharmonic Orchestra“ verpassen den Songs gleichzeitig einen filmischen Sound. Eine große Inspiration waren für Anderson seine kürzlich erschienenen Memoiren „Coal Black Mornings“, in denen er seine Kindheit reflektiert. Songs wie „As One“ und „Mistress“ schrieb er aus der Sicht eines Kindes, in „The Invisibles“ erzählt er von seiner eigenen Vergangenheit. „Auch auf den Gebrauch der Sprache hatten meine Memoiren einen großen Einfluss. Sie gaben mir das Selbstvertrauen, experimentelle Sachen wie das Spoken-Word-Stück ‚Roadkill‘ auszuprobieren“, sagt Anderson. „Wir machen jetzt seit 30 Jahren Musik. Manche unserer Zeitgenossen veröffentlichen Platten, die genauso klingen wie damals. Das ist nichts für mich, dann höre ich lieber auf. Ich muss Risiken eingehen, Neues probieren, und manchmal vielleicht auch etwas falsch machen, um dann wieder richtig zu liegen.“

FAZIT: Mit „The Blue Hour“, dem dritten Album seit ihrer Wiedervereinigung, stellen Suede auf beeindruckende Weise unter Beweis, dass sie auch nach 30 Jahren im Musikgeschäft noch etwas zu sagen haben. Konsequent entwickeln sie ihre musikalische Ausdrucksweise weiter und verarbeiten besonders persönliche Themen. Opulente Arrangements, geschickt platzierte Dialogfetzen und Spoken-Word-Passagen machen die Platte zu einem Gesamtkunstwerk.

Nadine Wenzlick