Musik

21.08. | Album der Woche

Bright Eyes • Down In The Weeds, Where The World Once Was

Dead Oceans/Cargo

Foto: Shawn Brackbill

Berechtigter Aufwand

Nach langer Pause hat Songwriter Conor Oberst seine Band Bright Eyes reaktiviert. Die Mischung aus Schwermut und Hoffnung funktioniert.

Als Conor Oberst aus der von Einsamkeit umgebenen Stadt Omaha im US-Bundesstaat Nebraska mit 15 Jahren begann, unter dem Namen Bright Eyes Lieder aufzunehmen, diente dies dazu, irgendwie mit der Welt und ihren Funktionsweisen klarzukommen. Mit den immer gleichen Samstagen, den Freunden, die zu viele Drogen nehmen, dem Ver- und Entlieben – und nicht zuletzt dem Selbsthass. Seine Songs waren absolut ehrlich, sie besaßen weder Netz noch doppelten Boden, und weil andere Kids ganz ähnlich fühlten, wurde das Projekt Bright Eyes zu einem globalen Phänomen: Kaum ein Songwriter packte eine so große Dichte an Gefühlen in seine Lieder, Conor Oberst wurde zum Helden der Emo-Szene, in der die Verzweiflung der Grundantrieb des Überlebens ist. Im Laufe der Jahre hatte sich Bright Eyes vom Soloprojekt zu einem Musikerkollektiv gewandelt, es erschienen ein paar absolute Meisterwerke, das Album »I’m Wide Awake, It’s Morning« aus dem Jahr 2005 gilt vielen als wichtigste Singer/Songwriterplatte der 00er-Jahre. 2011 legten Bright Eyes eine Pause ein: Conor Oberst arbeitete auf eigene Rechnung und zusammen mit Künstlerinnen wie Phoebe Bridgers. Der Gedanke eines neuen Werkes von Bright Eyes rückte in weite Ferne: Opulent und aufwendig müssen diese Platten sein, das ist der Anspruch der Band. Das kostet – doch diese hohen Budgets ließen sich mit der wandelnden Musikindustrie der 2010er-Jahre kaum noch vereinbaren. Nun aber sind Bright Eyes zurück: Mit Dead Oceans hat sich ein Label gefunden, das die notwendigen Dollars für ein neues Album investierte. Denn klar war: Für Kompromisse sind Conor Oberst und seine Mitstreiter Mike Mogis und Nate Walcott nicht zu haben. »Der große Aufwand ist ein Teil der Band-DNA geworden«, sagt Conor Oberst, »ich finde, es lohnt sich, längere Wege zu gehen, wenn dadurch am Ende das Resultat besser wird.« Für »Down In The Weeds, Where The World Once Was« hat die Band ihr Camp für einige Tage nach Los Angeles verlegt, um sich von Musikern aus der Stadt helfen zu lassen, darunter Bassist Flea von den Red Hot Chili Peppers, der einige beachtliche Parts eingespielt hat. Doch egal, was die anderen Beteiligten machen: Im Zentrum der Musik von Bright Eyes steht die gebrochene Stimme von Conor Oberst. 40 Jahre alt ist er im Frühjahr geworden, wenn er aber über heiße Autos in der Sonne oder die Einsamkeit eines Fährentrips von Calais nach Dover singt, dann ist die Verzweiflung des Teenagers noch zu spüren, der keine Ahnung hat, was das alles bedeuten soll.

Fazit: Wie fast alle Bright Eyes-Platten beginnt auch diese mit einer Collage, die von Obersts Stammbar ins Wohnzimmer der Mutter führt, wo er das Gespräch nach dem Konsum einer geringen Menge Acid aufgezeichnet hat. Es folgt mit »Dance & Sing« eine Hymne aufs Überleben, die weiteren Stücke verstärken diese Grundstimmung hoffnungsvoller Schwermut. Einer der Höhepunkte: »Pan & Broom«, das mit seinem 80er-Klanggewand an »Never Ending Story« von Limahl erinnert.

André Bosse