Musik
21.06. | Album der Woche
Pepe & Paco De Lucía • Pepito y Paquito
BMG · 31. Mai
Foto: Javier Doria
Das Feuer des Flamenco
Vor 60 Jahren erkundeten Gitarrenikone Paco de Lucía und sein Bruder Pepe in ihrem Elternhaus den Flamenco. Nun werden diese Aufnahmen veröffentlicht.
Als Pepe de Lucía und sein um zwei Jahre älterer Bruder Paco Ende der 1950er-Jahre im Elternhaus im andalusischen Algeciras ein Musikstück nach dem anderen spielten und mit dem alten Grammophon des Vaters aufnahmen, wusste vermutlich noch niemand, dass die elterlichen Hoffnungen für die beiden Teenager deutlich übertroffen werden sollten. Für ihren Vater Antonio Sánchez Pecino, selbst ein angesehener Gitarrist, war es wichtig, dass seine Söhne das Feuer des Flamenco und die Familientradition des Musikerberufs weitertrugen. Tausende Stücke habe er ihnen zum Anhören und Üben gegeben, besonders Paco habe einen unermüdlichen Eifer an den Tag gelegt und jede freie Minute mit seinem Instrument verbracht, erinnert sich sein Bruder rückblickend an diese Zeit. Wie die Geschichte weiterging, wissen wir: Paco De Lucía wurde zu einem der großen Gitarristen der Musikgeschichte, vermengte traditionellen Flamenco mit Jazz und klassischen Einflüssen und wurde durch sein Gitarrentrio mit Al Di Meola und John McLaughlin auf der ganzen Welt berühmt. Zehn Jahre nach seinem Tod werden die frühen Aufnahmen nun veröffentlicht. Dies ist einem Freund der Familie zu verdanken, der in Algeciras auf sie gestoßen war. Daran, wie diese Aufnahmen – es sind 21 an der Zahl – genau entstanden sind, erinnert sich Pepe de Lucía nicht mehr. Sie heute zu hören, erfülle ihn jedoch mit »Schmerz, vor allem Traurigkeit, weil man sieht, wie diese Zeit widerspiegelt, wer man jetzt ist – wenn das Alter einen wieder zum Kind macht«, so der mittlerweile 78-jährige Sänger. Geht es nach ihm, sind diese Aufnahmen weit mehr als nur ein Zeitdokument in entsprechender Klangqualität. Vielmehr trügen sie pädagogische Qualitäten in sich und seien ein Lehrstück für Flamenco. Und tatsächlich: Die Veröffentlichung hat durchaus anthologische Qualitäten. Das Album zeigt den Flamenco in den für diese Zeit typischen palos, auf Deutsch: Varietä- ten. Zu hören sind beispielsweise Fandangos, Bulerías, Rumbas, Tangos, Alegrías, Soleares und Seguiriyas. Paco De Lucía veränderte mit seinem inno- vativen und virtuosen Gitarrenspiel den Flamenco nachhaltig. Zuvor erlernte er ihn aber auf ganz traditionelle Art und Weise – dies zeigen die Aufzeichnungen mit seinem Bruder, dem Sänger Pepe De Lucía, die nun 60 Jahre nach ihrem Entstehen endlich veröffentlicht werden.
PEPE & PACO DE LUCÍA
Pepito y Paquito
BMG • 31. Mai
Wer wissen möchte, wie die Weltkarriere von Paco de Lucía seinen Anfang nahm, findet in den gemeinsamen Aufnahmen mit seinem Bruder Pepe ein höchst interessantes Zeitdokument. Hier erforschten die jungen Brüder die traditionellen Flamenco-Spielarten ihrer Zeit – und der Hörer kann, 60 Jahre nach den Aufnahmen, dabei sein. High-Definition-Sound darf man sich ob des Alters der Auf- nahmen freilich nicht erwarten, für Bewunderer des Brüderpaars und Flamenco-Historiker ist »Paquito y Pepito« indes definitiv ein Geschenk.
Markus Brandstetter