Musik
21.03. | Album der Woche
Chris Eckman • The Land We Knew The Best
Glitterhouse · 24. Januar
Foto: Nika Hölcl
Natur statt Politik
Chris Eckman verschlug es vor 20 Jahren aus den USA nach Slowenien. Doch erst jetzt befasst er sich auf seinem neuen Album mit der Frage, was ihm Heimat eigentlich bedeutet.
Chris Eckman, der Zufall will, dass unser Interview auf den Tag der Veröffentlichung Ihres neuen Albums fällt. Wie geht es Ihnen heute?
Ich bin inzwischen 64 Jahre alt und fühle mich privilegiert, dass es überhaupt noch ein Interesse an mir gibt und sich ein Publikum für meine Alben findet. Eigentlich mache ich Musik nämlich vor allem für mich selbst. Ich muss mich damit wohlfühlen, es muss für mich bedeutsam sein. Dadurch entsteht eine Intimität, die mir etwas unangenehm wird, sobald eine Veröffentlichung ansteht. Das hat sich über die Jahre nie verändert.
Also haben Sie beim Schreiben nie ein Publikum im Kopf?
Ich würde nicht sagen, dass das nie der Fall war. Bei den Walkabouts in den 90ern stand das Publikum zwar auch nicht im Vordergrund, es war mir aber deutlich präsenter als heute. Als Labelbetreiber weiß ich durchaus, wie diese Dinge funktionieren und wie wichtig es ist, sein Publikum zu kennen – mehr noch als als Musiker.
Ihr neues Album heißt „The Land We Knew The Best“. Sie sind vor 20 Jahren aus den USA nach Slowenien emigriert. Welches Land kennen Sie am besten?
Ich kam damals hierher, weil ich geheiratet habe. Die Ehe existiert nicht mehr, aber ich bin trotzdem geblieben. In den letzten Jahren habe ich mich dann häufiger gefragt, was Heimat eigentlich bedeutet und wo mein zu Hause ist. Trägt man Heimat mit sich herum? Ist sie ein philosophischer oder ein emotionaler Zustand? Oder ist es doch etwas Physikalisches, das von Beziehungen abhängt? In meinem Fall hat sich Slowenien etabliert. Und das, obwohl ich beim Schreiben der Songs immer wieder auch die amerikanische Pazifikküste vor Augen hatte, von der ich eigentlich komme.
Gleichzeitig hat die USA wohl nie eine geringere Rolle in Ihren Songs gespielt, ausgerechnet in deren politisch turbulentesten Phase.
Das ist völlig richtig. In dieser Hinsicht taugt das Album viel mehr dazu, die Turbulenzen auszublenden. Viele Ideen kamen mir in der Natur, in den wunderschönen Bergen Sloweniens, wo ich jedes Wochenende wandern gehe. Es sind intime Gedanken über Heimat und das Alter. Im Gegensatz zum vorherigen Album blieb da kein Platz für die harsche Wirklichkeit in den USA. Die Inspirationen, die ich aus der Natur gezogen habe, waren eigentlich immer schon da – sie kamen nur noch nie so explizit zum Ausdruck.
Chris Eckman
The Land We Knew The Best
Glitterhouse • 24. Januar
Der Walkabouts-Sänger und Label-Chef Chris Eckman scheint auf seinem sechsten Soloalbum ganz bei sich angekommen. Bei der Frage nach Heimat klingt vieles nach Zufriedenheit und Resignation zugleich. An beidem sei das Alter schuld, meint Eckman, der seinen poetischen Gedanken voluminöse, von Wärme getragene Arrangements aus Streichern und Pianotupfern zu Grunde legt, die „The Land We Knew The Best“ maßgeblich von seinem puristischen Vorgänger abheben. Ein ganz und gar versöhnliches Kleinod detailverliebter Folksongs.
Daniel Thomas