Musik
21.02. | Album der Woche
The Lumineers • Automatic
Dualtone Records · 14. Februar
Foto: Noa Griffel
Tiefe Liebe
Das erfolgreiche Folk-Rock-Duo aus Denver, Colorado weiß auch mit seinem fünften Album „Automatic“ mit zeitlosen, schmerzhaft aufrichtigen Songs zu unterhalten.
Wesley, dein Sohn ist sechs, deine Tochter vier Jahre alt. Kannst du die beiden mit euren Songs beeindrucken?
Wesley Schultz (lacht): Neulich gab es an der Schule meines Sohnes so eine Veranstaltung, bei der die Eltern mitmachen sollten. Plötzlich meinte er dort zu mir, er wolle mit mir „Ho Hey“ aufführen, ich war echt baff. Ich lieh mir von anderen Eltern eine Gitarre, und dann legten wir los. Und mein Junge, meine Güte, ich hatte nicht erwartet, wie gut er das draufhat.
Er war bisher zuhause nicht als Sänger aufgefallen?
Schultz: Naja, doch. Im Moment steht er auf Leute wie Noah Kahan oder Zach Bryan. Als er noch kleiner war, sang er am liebsten „Sweet Dreams“ von den Eurythmics und „For What It’s Worth“ von Buffalo Springfield. Der Junge hat Geschmack.
Was hast du in dem Alter gehört?
Schultz: Die Musik meines Vaters. Ich wuchs gewissermaßen mit dem „Born In The U.S.A.“-Album von Bruce Springsteen auf, mit Leonard Cohen und Billy Joel. Sein Lieblingslied war „Psycho Killer“ von den Talking Heads. Er verehrte David Byrnes poetischen Humor zutiefst.
Denkst du, die Musik der Lumineers ist von deinen frühen Hörerfahrungen geprägt?
Schultz: Ganz bestimmt. So etwas sickert einfach in dein System ein, und dann bekommst du es nie wieder raus. Mein Vater liebte Komik und Satire – in der Musik und generell. Dieser Einfluss steckt definitiv sehr tief in mir drin.
Über das Kennenlernen mit deiner Frau singst du in „Asshole“ die wunderschönen Zeilen: „First we ever met/ You thought I was an asshole/ Probably correct“.
Schultz: Tja, so war es. Hat sie nicht abgehalten (lacht). Ich tendiere dazu, oft die unpassendsten Dinge in den unpassendsten Momenten von mir zu geben. Mir fehlt der Filter, was sozial angemessen ist. Ich glaube, meine Frau hat sehr früh aufgegeben, sich für mich zu schämen, und mittlerweile mag sie es, mit mir über alle erdenklichen Themen Debatten zu führen.
Sie hat dich ja schließlich auch geheiratet.
Schultz: Ihre Worte waren „Okay, ich mag dich, denn du bist zu siebzig Prozent nett und zu dreißig Prozent Arschloch“. Wir haben eine dynamische Beziehung, manchmal rummst es, aber wir lieben uns einfach abgöttisch.
Gilt dasselbe für deine Beziehung zu Jeremiah?
Schultz: Bis auf den Sex (lacht). Jer und ich wissen Dinge voneinander, die nicht einmal unsere Frauen kennen. Vor ihm habe ich keine Scham.
The Lumineers
Automatic
Dualtone Records • 14. Februar
Wesley Schultz (42) und Jeremiah Fraites (39) sind seit der Schule in New Jersey beste Freunde. Konfrontiert mit hartnäckigem Misserfolg in der New Yorker Open-Mic-Szene zogen sie nach Denver. Hier läuft es deutlich besser. Mit ihrem ersten Hit „Ho Hey“ landeten sie 2012 sogleich einen Evergreen. Es schlossen sich weitere Hits wie „Cleopatra“ oder „Gloria“ an. Auf dem von David Baron produzierten neuen Werk „Automatic“ begeistern die zwei mit vielen innigen und intimen Folksongs – und ironischem Biss.
Steffen Rüth