Kino

20.10 | Kinostarts der Woche

20.10 | Kinostarts der Woche

Der Nachname
Ach Du Scheisse!


Grandioser Kleingeist

Es war eine Frage der Zeit, nun ist er da: „Der Nachname“ von Sönke Wortmann, mit bewährter Besetzung, aber gewitzter als seine Komödie „Der Vorname“ von 2018.

„Name ist Schall und Rauch“, warf Literaturprofessor Stephan immer wieder gerne ein, und doch ließ sich genau darüber trefflich streiten: 2018 in „Der Vorname“. Wirkte damals der Name Adolf als Brandbeschleuniger in den Diskussionen innerhalb der trauten Familie, ist es diesmal der Nachname Böttcher. Doch nicht der Name selbst ist Stein des Anstoßes, sondern vielmehr seine vermeintliche Auslöschung. Sönke Wortmanns „Der Nachname“ ist die Fortsetzung von „Der Vorname“, einer erfolgreichen, aber insgesamt eher milden Gesellschaftskomödie. Letzteres lag daran, dass sich Co-Drehbuchautor Claudius Pläging stark an die französische Filmvorlage „Le Prénom“ (2012) gehalten hatte, in der es auch schon um den Namen Adolphe ging – in der deutschen Adaption hätte er mit Adolf jedoch nicht nur schärfer umgehen können, sondern sogar müssen. Das Überraschende ist: „Der Nachname“ lässt den „Vornamen“ wie eine Fingerübung aussehen. Pläging konnte nun frei von jeglicher Fremdvorlage die für Familientreffen typischen No-Gos (Politik, Sexualität, Feminismus) nach Lust und Laune in die Arena werfen. Wortmann nimmt die thematischen Brocken noch im Flug auf und lässt sie mit souveräner Komödienmanier vor die Füße seiner Protagonisten krachen. War die Besetzung in „Der Vorname“ virtuos aufeinander eingespielt, kann es sich in „Der Nachname“ der oder die andere leisten, den Charakter glaubhaft auf Abwege zu schicken. Caroline Peters etwa, die sich als hingebungsvolle Deutschlehrerin und Stephans bessere Hälfte Elisabeth eine Affäre mit einem Sportlehrer gönnt. Florian David Fitz´ Thomas, Immobilienmakler, Elisabeths kleiner Bruder und Stephans liebster Feind, hat pränatale Risse in der aalglatten Schale entwickelt – was Stephan zu einem THC-umflorten „Erektile Dysfunktion!“ hinreißt. Niemand legt den grandiosen Kleingeist so gut als seine eigene Persiflage an wie Christoph Maria Herbst. Die größte Veränderung macht jedoch Justus von Dohnányis René König durch. Seit seinem Coming-out als Liebhaber seiner einstigen Ziehmutter Dorothea (bewährt cool: Iris Berben) ist aus dem adretten Klarinettenspieler ein lässiger Weinbauer auf dem Weingut der Böttchers auf Lanzarote geworden. Schlimmer noch, er hat aus Dorothea Frau König gemacht. Damit wird nicht nur die Erbfolge der Böttchers neu gemischt. Thomas´ Freundin Anna (erfrischend resolut: Janina Uhse) sieht gar die Selbstbestimmung der Frau im 21. Jahrhundert in Gefahr.

Edda Bauer

Der Nachname

  1. Oktober, 1 Std. 27 Min.

Wurde in „Der Vorname“ das Politische auf das Persönliche heruntergebrochen, geht „Der Nachname“ genau den entgegengesetzten Weg. Mit Hilfe der bestens aufeinander eingespielten Besetzung von Christoph Maria Herbst, Caroline Peters, Florian David Fitz, Janina Uhse, Justus von Dohnányi und Iris Berben gelingt es Regisseur Sönke Wortmann in „Der Nachname“ Witz und Herz geschmeidiger auf den Punkt zu bringen als zuvor. Für eine Prise Krisen-Eskapismus sorgt Lanzarote im Sonnenuntergang als Drehort.


Ach Du Scheisse!

  1. Oktober, 1 Std. 30 Min

Zumeist sind sie hellblau, es steht "Dixi" oder "Toi-Toi" drauf und jeder kennt sie, ob von einer Großbaustelle in der Nachbarschaft oder dem WC-Areal eines Musikfestivals: die mobile Toilettenkabine. Architekt Frank (Thomas Nierhaus) lernt diese Örtlichkeit auf äußerst ungewöhnliche Art und Weise kennen. Der Mann wacht in einem solchen Klo auf und hat, ohne zu viel zu verraten, einiges zu verdauen. »Holy Shit!«, so entfährt es dem Zuschauer wohl direkt zu Beginn von Lukas Rinkers Film, ein Gefühl, das die folgenden 90 Filmminuten anhält. Was die Enge des Raums angeht, die klaustrophobische Kulisse, gab es wohl mal Götz George im Fahrstuhl und Ryan Gosling in einem Sarg, aber ein Protagonist im portablen Töpfchen? Eine Performance mit vollem Körpereinsatz liefert Nierhaus im Auge des Orkans. In weiteren Rollen sind Gedeon Burkhard, Olga von Luckwald und Micaela Schäfer zu sehen. "Ach du Scheisse!" ist dreilagiger Escape- Room-Splatter, nur für Leute mit starken Nerven – und geregeltem Stuhlgang.