Musik

20.07. | Album der Woche

Joshua Redman • Still dreaming

Foto: Wilson Redman

JOSHUA REDMAN

Still Dreaming

Warner • 25. Mai


Ringkampf mit Saxofon

Eine Feier des Vergangenen, die in die Zukunft weist: Der Jazz-Saxofonist Joshua Redman verneigt sich mit neuem Quartett vor dem Werk seines Vaters.

JoshuaRedmanOld And New Dreams hieß die Gruppe, in der ihr Vater Dewey Saxofon spielte. Warum gibt es jetzt, 40 Jahre später, mit „Still Dreaming“ Ihren Tribut an diese All-Star-Band?

Nach dem Tod des großen Bassisten Charlie Haden im Jahr 2014 hörte ich verstärkt dessen Platten. Schließlich hat er seine wohl beste Musik zusammen mit meinem Vater aufgenommen. Es war eine echte Herausforderung, in die Welt von Old And New Dreams einzutauchen und mich selbst dort zu finden. Ich bin kein Freund von Konzeptalben, aber in dem Fall gab es von Anfang an ein übergeordnetes Konzept. War Ihnen Ihr Vater ein Vorbild?

Ich wuchs nicht mit ihm auf. In den ersten 18 Jahren meines Lebens kannte ich eigentlich nur seine Musik. Später merkte ich, dass ihm Aufrichtigkeit und Integrität in der Musik wichtiger als alles andere waren. Er hat eine Menge Opfer dafür gebracht, hat alle Anfragen abgelehnt, die ihm nicht in den Kram passten. Ich dagegen habe schon Sachen gemacht, über die ich heute die Stirn runzele. Aber ich wollte immer so aufrichtig wie möglich spielen, so wie mein Vater.

Als Künstler, der viel im Rampenlicht steht: Fühlen Sie persönlich eine Verantwortung, sich politisch zu äußern?

Ich bin eigentlich Einzelgänger. Nur wenn ich spiele, bin ich extrovertiert und gesellig. Ich habe feste politische Überzeugungen, möchte diese aber nicht explizit äußern – ich hoffe, dass das meine Musik für mich tut. Es ist aber wichtig, dass es Künstler gibt, die die absurde und beinahe tragikomische Lage in den USA konkret ansprechen. Manchmal wünschte ich, ich wäre einer davon. Ich habe aber das Gefühl, mich ganz auf die Musik konzentrieren zu müssen, um ein guter Musiker zu sein. Sie spielen seit 40 Jahren Saxofon.

Entdecken Sie eigentlich noch neue Dinge an Ihrem Instrument?

Aber ja! Manchmal habe ich das Gefühl, ich müsste das Spielen noch immer lernen. Ich hatte keine formelle Ausbildung, mein Mantra war: learning by doing. Das Saxofon ist meine Stimme, so drücke ich mich aus. Dennoch ist es ein fremdes Objekt, selbst nach 25 Jahren. Ich ringe und kämpfe täglich auf der Bühne mit diesem Instrument. Manchmal habe ich eine Idee und merke, dass ich nicht die Kontrolle habe, die ich dafür bräuchte. Es ist merkwürdig: Je mehr ich über mein Saxofon weiß, desto mysteriöser wird es.

Interview: Jan Paersch