Literatur

Zimmer frei?

In »Wohnverwandtschaften« beleuchtet Isabel Bogdan die Sonnen- und Schattenseiten des WG-Lebens. Die Hörbuchversion ihres multiperspektivischen Romans ist dank der verschiedenen Sprecher:innen besonders unterhaltsam.

Isabel Bogdan, »Wohnverwandtschaften« dreht sich um das Leben in einer WG. Haben Sie selbst schon WG-Erfahrungen gemacht?

Ja, im Studium habe ich in einer WG gelebt. Wie in der WG im Buch waren wir zu viert, zwei Männer und zwei Frauen; allerdings haben wir alle studiert. Im Roman sind alle längst berufstätig und unterschiedlichen Alters.

Was haben Sie am WG-Leben besonders gemocht?

Ich mochte es sehr, dass jemand da war, wenn man nach Hause kam. Man konnte erzählen, wie der Tag war oder was einen gerade beschäftigt. Und die andere Person konnte natürlich genauso erzählen. Ich könnte mir heute immer noch vorstellen, in einer WG zu leben. Wenn ich alleine wäre, würde ich das vermutlich auch tun.

Warum gibt es in WGs fast immer Streit ums Putzen?

Weil die Toleranzgrenzen individuell sind. Der eine muss es blitzsauber haben, die andere kann es auch mal ein bisschen verlottern lassen. Da muss man sich von beiden Seiten aufeinander zu bewegen. Ich glaube, das ist eine ganz gute Schule für alles Mögliche im Leben.

Wie sieht der oder die perfekte Mitbewohner:in aus?

Putzt, schmutzt nicht, kocht gern. Nein, das ist zu einfach. Es ist immer das Zusammenspiel aller Beteiligten. So auch in meinem Roman. Alle Protagonist:innen haben ihre eigenen Qualitäten und Macken, wie Menschen eben sind. Jörg hält alles zusammen, er ist die gute Seele, das Zentrum. Murat steckt die anderen mit seiner unerschütterlichen Lebensfreude an. Anke ist ein bisschen stiller, aber immer in der Lage, schwierige Themen anzusprechen. Und Constanze bringt etwas Ordnung und Struktur rein. Ich habe sie alle sehr gern!

Ist Wasser vielleicht doch dicker als Blut?

Ich bin kein Fan des direkten Vergleichs von Freund:innen und Familie. Man kann sich seine Lebens- und Wohnsituation heutzutage aussuchen, und das ist wunderbar.

Das Hörbuch wird von mehreren Sprecher:innen gelesen. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Der Roman erzählt aus vier wechselnden Ich-Perspektiven und die brauchten unbedingt auch im Hörbuch jeweils ihre eigene Stimme. Noch dazu gibt es reine Dialogkapitel, die könnte man nicht besonders gut mit nur einer einzigen Stimme lesen.

Konnten Sie durch die Hörbuchfassung neue Facetten Ihrer Figuren entdecken?

Ja, das passiert immer! Und das ist etwas ganz Besonderes: zu sehen, zu hören, was andere aus meinen Figuren machen, wie sie sie verstehen, welche Färbung sie ihnen geben. Die Figuren bekommen ein Eigenleben, das finde ich ganz toll!

Was machte die jeweiligen Sprecher:innen für ihre jeweiligen Protagonist:innen zu einer passenden Wahl?

Es ist ein riesengroßes Glück: Alle vier sind wirklich perfekt für ihre jeweiligen Rollen. Lavinia Wilson als traurige und verzweifelte Anke, bei der aber immer mal wieder Humor aufblitzt, und die dann doch auch zupackend sein kann. Katharina Wackernagel als Zahnärztin Constanze, die ihre Rolle in der WG erst finden muss und dabei das bisherige Gefüge ein bisschen verschiebt. Sie hat so einen Schalk in der Stimme, der mir gut gefällt. Serkan Kaya als Murat, der immer alles geil findet, sich begeistert und außerdem super kocht. Ich glaube, Serkan ist genau so. Und Heikko Deutschmann, dessen sonore Stimme mit ihrer Ruhe und ihrer Kraft haargenau zu »meinem« Jörg passt. Ich kannte alle vier schon vorher, habe sie mir ausgesucht und freue mich daher wahnsinnig, dass sie bei diesem Projekt an Bord sind.

Isabel Bogdan
Wohnverwandtschaften
gelesen von Katharina Wackernagel, Heikko Deutschmann, Lavinia Wilson, Serkan Kaya, Julian Horeyseck, Gabriele Blum, Oliver Kube, Marian Funk und Isabel Bogdan
Argon, 5 Std. 50 Min.

Murat sprudelt über vor Lebensfreude. Anke hat aufgrund ihrer stagnierenden Schauspielkarriere mit sich und der Welt zu kämpfen und ist von Constanze, die aufgrund einer Trennung in der WG einzieht, zunächst nicht angetan. Aber Jörg kann die zusätzliche Miete für sein geplantes Bulli-Abenteuer gut gebrauchen. Doch dann kommt alles ganz anders. Dank der vielen Sprecher:innen entfaltet sich im Hörbuch von »Wohnverwandtschaften« ein Kaleidoskop an Charakteren, die trotz ihrer Verschiedenheiten zu einer eingeschworenen Gemeinschaft werden.