Musik

18.10. | Album der Woche

Kylie Minogue • Tension II

BMG · 18. Oktober

18.10. | Album der Woche - Kylie Minogue • Tension II

Foto: Erik Melvin

Goldener Herbst

Ein bunter Mix mit allerhand Stilen sorgt dafür, dass Kylie Minogue junge Fans gewinnt. Denn Dance-Pop aus den 90er- und 00er-Jahren wird gerade neu entdeckt.

Vor einem Jahr erst das Album »Tension«, dann die Remix-Platte »Extension«, nun, wenige Monate später, »Tension II«: Kylie steht unter kreativer Spannung! Dass 2025 eine große »Tension“-Tour folgt, ist keine Überraschung. Mit Mitte 50 hat Kylie Minogue endgültig ihren Stil gefunden. Klar, Dance-Pop war schon immer ihr Metier. Seit Beginn der 2020er-Jahre aber hat sie den Mut gefasst, sich kompromisslos in dieses Genre zu stürzen. Das Album »DISCO« (2020) war in diesem Sinne eine Selbstvergewisserung: Die Platte erschien genau in der Zeit, als jüngere Generationen den Dance-Sound der 90er- und 00er-Jahre wiederentdeckten. Kylie war nun kein Nostalgie-Act mehr. Ihre Tracks klangen mehr denn je nach einer Musik für den Moment, wie gemacht für Karrieren in den sozialen Medien. Dass aktuell die Britin Sophie Ellis Bextor mit ihrer Single »Murder On The Dancefloor« einen zweiten Durchbruch bei einer ganz neuen, jungen Community feiert, belegt, wie angesagt diese Art von Dance derzeit ist. Seine Hauptbestandteile: Melodien wie aus dem Pop, Disco-Flair für die Tanzbarkeit sowie eine große Variation von Sounds, die von Disco über Eurodance bis zu Modern-Pop reichen. »Light Camera Action«, der erste Track auf »Tension II«, ist dafür ein gutes Beispiel: Im Hintergrund läuft eine Synthie-Spur, die an Anne Clarks Wave-Hit »Our Darkness« erinnert, ein Stück aus den frühen 80er-Jahren. »Light Camera Action« zitiert auch Snap oder KLF, bleibt aber Kylies Track, weil sie ihn mit ihrer unnachahmlichen Lässigkeit singt. Der zweite Song »Taboo« ist von 90s-House mit seinen Filtern und dem ABBA-Pop-Glanz inspiriert, »Kiss Bang Bang« ist kühler Bubblegum-Electro-House, „Diamonds“ bringt ein bisschen HipHop in den Mix. Was die Titel und Texte des Albums zeigen: Eine andere Aussage, als zu tanzen, zu lieben, zu schillern gibt es hier nicht. Ein Song heißt sogar »Dance To The Music« – als wenn man da nicht selbst drauf gekommen wäre. Interessant ist, dass die meistens Stücke unter drei Minuten lang sind. Ein klarer Wink an die TikTok- und Streaming-Ära, in dem die Hör- und Klick-Gewohnheiten der jungen Nutzer das Format eines Popsongs verändern. Wer die Stücke in längerer Form hören möchte, muss auf das Remix-Album warten, das auch in diesem Fall sehr wahrscheinlich folgen wird. Schließlich will Kylie Minogue im goldenen Herbst ihrer Pop-Karriere die Spannung weiter hochhalten.


Albumcover Kylie Minogue Tension II

Kylie Minogue
Tension II
BMG • 18. Oktober

Einerseits ist »Tension II« überraschungsarm: Alle Sounds des Album hat man schon mal woanders gehört. Andererseits gelingt es Kylie und ihrem Songwriter- und Produzententeam, diese Elemente zu einem schlüssigen Ganzen zusammenzufügen. Schwung in die Sache bringen vier Tracks am Ende, bei denen Kylie mit Gästen zu hören ist. Besonders stark ist »Edge Of Saturday Night«, aufgenommen mit der US-Künstlerin The Blessed Madonna, die als DJ und Produzentin die Grenzen des Dance-Pop auslotet. Ihre Abenteuerlust tut der Sache gut.

André Boße