Musik
18.04. | Album der Woche
SYML • Nobody Lives Here
Fin. Recordings / Nettwerk
Foto: Jesse Morrow
Leben im Moment
Brian Fennell alias SYML singt wunderschöne wehmütige Lieder. Sein drittes Album »Nobody Lives Here« handelt von Zusammenhalt in brüchigen Zeiten.
Brian Fennell, wobei stören wir gerade?
Sie stören kein bisschen, im Gegenteil. Ich bin dabei, die Böden im Haus zu wischen, da kommt jede Ablenkung gerade richtig. (lacht)
Auf Ihrem neuen Album singen Sie in dem sehr schönen, aber auch ziemlich dramatischen Lied »The White Light Of Morning«: »I will always love you«. An wen ist diese Liebeserklärung gerichtet?
An meine Frau Marion. Sie ist die Mutter unserer drei Kinder. Außerdem ist sie Schweizerdeutsche. Sie versteht Deutsch, aber sie kann es nicht gut selber sprechen, und schreiben schon gar nicht. Der Song berührt auch das Thema Verlustängste. Es geht um die eigentlich banale Freude, sich im Alltag jeden Abend wohlbehalten wiederzusehen.
Haben Sie sich in der Schweiz kennengelernt?
Nein, hier in Seattle. Ihr Vater war Professor an der Uni. Meine Schwester und meine Frau waren die besten Kinderfreundinnen. Damals, als wir klein waren, habe ich mich noch nicht für sie interessiert. Und dann sind wir uns als Erwachsene plötzlich im Supermarkt wiederbegegnet, erinnerten uns an die Kindheit und, na ja, sahen uns in einem ganz neuen Licht. Ich weiß, es klingt wie in einem wirklich schlechten Kitschfilm.
Schon ein wenig.
Manchmal ist das Leben einfach so! Wir haben uns wirklich wieder- und auch ganz neu entdeckt, und seitdem sind wir ein Paar. Ich stehe tatsächlich sehr auf Romantik, insbesondere in der Musik. Vielleicht liegt das daran, dass ich in meiner Jugend klassisches Piano gespielt und mich zu diesen großen cineastischen Dramen hingezogen gefühlt habe. Stücke wie »Claire de Lune« von Debussy habe ich geliebt.
Gibt es noch mehr Marion-Lieder auf Ihrem neuen Album?
»Something Beautiful And Bright« ist auch sehr eng an unsere Beziehung angelehnt. Der Song handelt von der Liebe, gepaart mit dem Älterwerden. Ich bin jetzt 42, und da fühlt man sich schon mal so, als würde man Staub ansetzen. Und auch die Liebe bekommt erste Rostspuren. Da hilft nur eins: Abstauben, durchpusten und sich erinnern, wie zauberhaft die frühen Jahre miteinander waren.
Also braucht auch eine Beziehung eine Art Frühjahrsputz?
Ich denke schon. Eigentlich tut das der gesamten Familie gut. Wenn ich mit dem Sauber-machen fertig bin, wollen wir über das Wochenende in die Berge fahren. Uns einfach mal den Wind um die Nase wehen lassen und alle zusammen Schlittschuhlaufen.
SYML
Nobody Lives Here
Fin. Recordings / Nettwerk • 4. April
In jungen Jahren war der heute 42-jährige Brian Fennell aka SYML eng mit seiner Kirchengemeinde verbunden, wandte sich aber desillusioniert von der christlichen Heuchelei ab und verfolgt seitdem eine Karriere im Indie-Pop – zunächst als Sänger der Band Barcelona, nun mit zunehmendem Erfolg allein. Sein neues Album »Nobody Lives Here« ist sein bisher klarstes und stärkstes Werk. Von ihm selbst geschrieben, aufgenommen und produziert, ist es von der Überzeugung getragen, dass das Leben ein Widerspruch ist, ein flüchtiger Moment.
Steffen Rüth