Literatur

15.09. | Buch der Woche

Colson Whitehead • Harlem Shuffle

Hanser

In der Geschichte des Pulitzer-Preises gelang es erst drei Schriftstellern, diesen mehr als einmal zu erhalten. Colson Whitehead ist einer davon, erfolgreich mit seinen letzten beiden Romanen (der eine, „Underground Railroad“, sorgt gegenwärtig als Serie für Furore). Bei all dieser gerechtfertigten Begeisterung schreibt der 52-Jährige einfach weiter: Dieses Mal ist es eine hinreißende Liebeserklärung an das Harlem der späten 50er- und frühen 60er-Jahre. Im Zentrum steht die Geschichte des schwarzen Ganovensohns Ray Carney und seiner Familie. Dieser bemüht sich, als Möbelhändler so sauber wie möglich zu bleiben und etwas Wohlstand und Achtung zu erlangen. Doch natürlich holen ihn sein Kiez und seine alten „Geschäftspartner“ und Cousins immer wieder ein. Das erneut Herausragende an diesem Roman ist aber nicht die – bis auf das furiose Ende – eher lakonisch erzählte Geschichte Carneys, sondern sind all die kleinen Beobachtungen und Nebenschauplätze, die jedes Umblättern zum Ereignis machen. Mal ist es ein historischer Abriss zum Central Park, dann wieder das Feiern der „Dorveille“ (eines „Schichtschlafs“ aus der vorindustriellen Zeit, den insbesondere Franzosen dazu nutzten, mitten in der Nacht sehr produktiv zu sein). In brillanten Zwischentönen illustriert werden auch die Rassenproblematik, Korruption und die anrüchige Blüte aus Glamour und Schmutz des 60er-Jahre-New York; alles in einer derart fantastischen Sprache (und Übersetzung!), dass man stets atemlos weiterliest.

Colson Whitehead
Harlem Shuffle

Hanser, 384 Seiten

Sascha Krüger