Musik

14.05. | Album der Woche

Benny Sings • Music

Stones Throw

Routinierte Arbeit

Der niederländische Popmusiker Tim van Berkestijn alias Benny Sings zeichnet seine eigene Definition von Melancholie bevorzugt in Dur-Akkorden.

Wie inspiriert man sich zu neuer Musik, wenn man, wie aktuell, dazu verdammt wird, nichts zu erleben?
Das ist in meinem Fall weniger dramatisch. Ich bin in einem konstant anhaltenden Schreibprozess, weil ich es mir nicht leisten kann, abzuwarten und auf Inspiration zu hoffen. Sie wird erfahrungsgemäß nicht kommen. Ich muss mir meine Musik erarbeiten. Deshalb hat ein Lockdown wenig Einfluss darauf. Ich vergleiche mich hier gerne mit ABBA. Die vier waren Business-Leute durch und durch, die jeden Tag an die Arbeit gingen und nicht darauf vertrauten, dass sie beim Müßiggang von der Muse geküsst werden. Das ist tough, denn von 100 Songs kommen nur zwei oder drei brauchbare heraus.

Das klingt ernüchternd und demotivierend.
Im Gegenteil. Meine Motivation ist es, meine Familie zu versorgen und Geld zu verdienen. Nicht weil mir Geld besonders wichtig wäre, aber es ermöglicht Teilhabe an der Gesellschaft. Genau wie ein Bäcker Brot backt, um teilhaben zu können, so schreibe ich Songs.

Wie sieht Ihre tägliche Routine aus?
Ich bin ein Familienmensch. Jeden Morgen bringe ich erst die Kinder zur Schule, gehe einkaufen und gegen zehn Uhr dann ins Studio, wo ich mich zunächst um E-Mails kümmere und das Organisatorische erledige. Anschließend zwinge ich mich, einen Song zu schreiben.

Wie behält man sich da den Optimismus, für derart unbedarft klingende Musik?
Ich würde nicht behaupten, dass meine Musik so gänzlich optimistisch wäre. Ich würde sie eher als melancholisch bezeichnen. Melancholie wird heute oft mit Traurigkeit gleichgesetzt. Doch früher wurde die Musik von Debussy oder Chopin als melancholisch bezeichnet, und sie hat sicher nicht primär etwas Trauriges. Meine Musik ist nie ausschließlich fröhlich. Ich mag nur einfach keine traurigen Songs. Das ist mir zu einfach. Das Leben ist nicht nur schwarz-weiß.

Es scheint aber, als begegneten Sie im Opener „Nobody’s Fault“ gar dem Älterwerden mit poppig-funkiger Gelassenheit.
Das ist für mich der Inbegriff eines melancholischen Stücks. Denn im Hinfallen und wieder Aufstehen liegt doch die Tragik des Lebens, während es schleichend vergeht. Und das Schlimme daran ist: man kann dafür noch nicht einmal jemandem die Schuld geben. Wenn man nicht zur Gruppe der Schwerdepressiven zählt, lässt sich aber auch dieser ernüchternden Erkenntnis mit durchschnittlichem Tatendrang oder eben Funk begegnen.


Benny Sings
Music

Stones Throw, 09. April

Das achte Benny-Sings-Album reiht sich ein in den Kanon seiner Vorgänger und nimmt den Hörer, je nach Standpunkt, in eine vordergründig unbekümmerte, gar frivole Popwelt. Oder aber es zieht teilnahmslos vorbei. Denn „Music“ ist im besten Sinne unaufdringlich und das sonnige Gemüt darauf eine beiläufige Erscheinung. Und zwar so sehr, dass man um ein Haar den gewollt ausdruckslosen Gesangsbeitrag von Mac DeMarco in „Rolled Up“ und erst recht die Niedergeschlagenheit in den Lyrics verpasst.


Foto: Tess Janssen

Daniel Thomas