Musik
13.11. | Album der Woche
Róisín Murphy • Róisín Machine
SkintRÓISÍN MURPHY
Róisín Machine
Skint • 02. Oktober
»Alles ist Disco.«
Vier Jahre nach »Take Her Up to Monto« hat die frühere Moloko-Sängerin Roísín Murphy Anfang Oktober ihr inzwischen fünftes Soloalbum veröffentlicht.
Róisín Murphy, Ihr neues Album trägt den
Titel »Róisín Machine«. Was verbirgt sich
dahinter?
Ich bin in den letzten Jahren ungemein produktiv
gewesen bin, fast schon maschinenartig.
Entstanden ist dabei vor allem Musik, aber
auch jede Menge visuelle Kunst.
Was hat der Lockdown Mitte März mit Ihrer
Maschinenleistung gemacht?
Aufgehalten wurde ich dadurch nicht, sondern
habe mich im Gegenteil noch mehr in das Schreiben
von Songs vertiefen können. Außerdem
gelang es mir, einige Performance-Filme von
zu Hause aus aufzunehmen, und ich konnte
den Kontakt zu meinen Fans über Social Media
intensivieren. Der Lockdown war also ziemlich
gut für meine Kreativität.
Gab es auch negative Aspekte?
Oh ja! Wie für die meisten Eltern war es auch
für mich sehr schwierig, meine Kinder zu Hause
zu unterrichten und die ganze Familie stets
bei Laune zu halten.
Die Idee zu »Róisín Machine« ist bereits vor
zehn Jahren entstanden. Warum hat es so lange
gedauert, das Album zu veröffentlichen?
Das ist eine lange Geschichte. DJ Parrott und
ich kamen auf die Idee, nachdem ich für »Overpowered« mit ihm zusammengearbeitet hatte. Deshalb wollte ich das Album unbedingt gemeinsam
mit ihm machen. Aber dann verliebte
ich mich in einen Italiener, bekam mein zweites
Kind und fing an, auf Italienisch zu singen.
(lacht) Zwischenzeitlich habe ich zwei weitere
Alben mit Eddie Stevens gemacht und auch
noch mit Maurice Fulton aufgenommen.
Der neue Sound zitiert viele Einflüsse, erinnert
aber vor allem wieder an Disco der 70erund
80er-Jahre.
Es ist in der Tat Disco, aber für mich ist Disco
ein weites Feld. Wenn ich zu Joy Division tanze,
spüre ich den Disco-Vibe genauso wie bei
Depeche Mode. Alles ist Disco. Im New Yorker
Club Danceteria verband sich zwischen 1979
und 1986 eine riesige Mischung aus Artcrowd,
alternativen Kids, Hip-Hop- und Electro-Fans
zu etwas Neuem, zu mehr Individualismus.
Diesen Geist, das Alte, Vertraute zu verlassen
und den eigenen Weg zu gehen, wollte ich mit
»Róisín Machine« aufgreifen.
Ihre Live-Performances sind sehr expressiv.
Woher kommt das?
Als Mädchen wollte ich am liebstn bildende
Künstlerin werden. Das war neben Sport die
einzige Sache, in der ich wirklich gut war. Ich
sehe mich also eher wie eine singende Cindy
Sherman.
Fazit:
Schon auf ihrem zweiten
Longplayer » Overpowered « hatte
die in Irland geborene Club-
Ikone Róisín Murphy bei einigen
Tracks mit Crooked Man aka DJ
Parrot zusammengearbeitet.
Nun haben die beiden mit
» Róisín Machine « ein ganzes
Album eingespielt, auf dem Murphy
gewohnt virtuos Disco,
House und Funk zu einer unwiderstehlichen
Groove-Armada
verwebt. Exemplarisch steht
dafür der infektiös flackernde
Smasher »We Got Together«.
Put on your dancing shoes!
Foto: Adrian Samson
Dirk Hartmann