Musik

13.07. | Album der Woche

Shannon Shaw • S.S. in Nashville

Foto: Alysse Gafkjen

SHANNON SHAW

S.S. in Nashville

Nonesuch/Warner • 08. Juni


Außerhalb der Blase

Shannon Shaw zog es fürs Solodebüt nach Nashville. Angekommen ist sie in den Sixties – und bei sich. Ein Gespräch über den Mut, den es dafür brauchte.

ShannonShawFrau Shaw, was verstehen Sie unter Mut?

Ich denke, Mut entsteht dort, wo man die innere Kraft findet, etwas zu tun, wovor man schreckliche Angst hat.

Es heißt, als Dan Auerbach („The Black Keys“) Sie zur Aufnahme Ihres Solodebüts einlud, habe Sie der Mut erst mal verlassen... Das stimmt. Das Ganze fühlte sich surreal an. Ich habe meinen Hintergrund im Do-It-Yourself-Punk, und allein zu hören, dass er Fan meiner Musik war, stellte meine Welt auf den Kopf. Ich hatte schon im Spaß mit der Idee eines Soloalbums gespielt, aber ich hatte es immer als etwas sehr Schlichtes, Persönliches vor Augen gehabt. Die Chance, die Dan mir gab, bereitete mir eine Menge Stress. Mit meiner Band hatte ich mich in dieser sicheren Blase befunden und dieses neue Tempo, diesen Mangel an Sicherheit war ich nicht gewohnt. Sie lösten Emotionen aus, von denen ich als, wie ich meinte, selbstbewusster Mensch gar nicht wusste, dass sie existierten. Ich hinterfragte plötzlich mein Talent.

Haben Sie ernsthaft überlegt zu kneifen?

Absolut! Ich fing an, mich selbst zu sabotieren, ließ die Dinge schleifen und ging davon aus, dass Dan irgendwann das Interesse verlieren würde. Ich betrachtete es als ausgeschlossen, dass diese so ganz andere Welt jemanden wie mich akzeptieren würde. Aber Dan hat nicht aufgegeben. Und meine Mutter, die mich als Kind nie darin unterstützt hat, Musik zu machen, setzte sich plötzlich sehr für die Sache ein. Sie bot sogar an, eines ihrer Autos zu verkaufen, um mir das Ticket nach Nashville zu bezahlen. In der Tat mussten mir viele Leute Mut machen, das Ganze durchzuziehen.

Im Studio saßen Sie dann plötzlich Ihren musikalischen Helden gegenüber. Was hat das mit Ihrem Selbstbewusstsein gemacht?

Ich hatte ja vorher keine Ahnung. Dan hatte immer nur von diesen „Typen“ gesprochen. Es hat mich wahnsinnig eingeschüchtert. Ich kann ja nicht mal Noten lesen und weiß auch nicht, in welcher Tonart ein Song ist. Dan dachte, ich sei diese selbstbewusste Diva, die so eine Sache sofort an sich reißt. Doch als wir mit den Aufnahmen anfingen, begann ich zu zittern, konnte nicht richtig singen. Ich dachte nur: Ich muss hier raus, ins Taxi, ins Hotel, zum Flieger! Sind Sie gegangen?

Ich war kurz davor. Doch dann hat mich der Mut plötzlich wiedergefunden.

Interview: Friedrich Reip