13.06. | Album der Woche: Will Varley • Machines Will Never Learn To Make Mistakes Like Me

Folketown/MNRK

13.06. | Album der Woche - Will Varley • Machines Will Never Learn To Make Mistakes Like Me
Foto: Rob Ashton Baker

Cowboy im Exil

Verwurzelt in England, spirituell beheimatet in den USA. Will Varley singt Country-Songs, die den Horizont für interkontinentales Fernweh öffnen.

Will Varley raucht gerne und trinkt auch schon mal ein Bier, und deshalb gibt er seine Interviews am liebsten im parkenden Auto. Das ist rücksichtsvoll, denn im Haus nebenan leben seine Frau und seine beiden Töchter, die eine drei und die andere sechs Jahre alt. Beide sind Inspiration für seine Songs, denn wenn er sie ansieht, fühlt sich der englische Songwriter seinem inneren Selbst besonders nahe. »Meine Töchter lachen und singen gerne«, meint er. »Ich glaube, das ist der wahre Kern der menschlichen Natur, egal wie alt wir sind. Tief drin wollen wir alle glücklich sein.« Varleys Musik spiegelt ein bisschen von dieser Philosophie, und wer sie zum ersten Mal hört, könnte meinen, sich vorübergehend auf der anderen Seite des Atlantiks zu befinden. »Ich liebe Bob Dylan, Neil Young und Bruce Springsteen«, sagt er. »Die Musik, die mir am meisten bedeutet hat, kam immer aus den USA, und das ist auch jetzt noch so.« In der Country-Hauptstadt Nashville fühlt sich Varley deswegen besonders wohl, sein neues Album steht bei aller Modernität ganz in der Tradition einschlägiger Folk-Sänger.

Ein zentrales Thema hat es auch, das verrät schon der Titel. »Machines Will Never Learn To Make Mistakes Like Me« beschreibt die augenzwinkernde Erkenntnis, dass alles, was auf diesem Planeten schön, gut und ein bisschen fehlbar ist, eben nichts mit dem Algorithmus zu tun hat, sondern mit den lieben Mitmenschen. »Die menschliche Interaktion ist für mich das Wichtigste überhaupt«, sagt der Sänger. »Inzwischen kann man sich eine Welt vorstellen, in der Maschinen Songs schreiben, die von Maschinen gehört werden. Aber wir vergessen, dass wir das jederzeit ändern können. Ich könnte schon morgen mein Smartphone abschalten und nur noch Bücher und Zeitschriften lesen. Keine Maschine kann mir dann etwas anhaben. Ich muss nur den Bildschirm ausschalten, und schon habe ich den ganzen zwischenmenschlichen Austausch zurück.« Wie viel Nostalgie, wie viel Wunschdenken ist bei solchen Bemerkungen im Spiel? Eine Zeile auf dem neuen Album lautet »singing songs about the people I meet«, und glaubt man Will Varley, ist das auch heute noch sein Credo. »Am Ende der Straße in meiner Gegend gab es einen Pub namens The Grey Horse«, erzählt er. »Mit 13 habe ich mir eine Gitarre und einen gefälschten Ausweis besorgt und bin dort aufgetreten. Es waren zwar nur sieben Leute im Publikum, aber von diesem Moment an wusste ich, was ich im Leben will.«


Will Varley MWNMMLM Cover

Will Varley
Machines Will Never Learn To Make Mistakes Like Me
Folketown/MNRK • 30. Mai

»Machines Will Never Learn To Make Mistakes Like Me« ist schon das siebte Album des Songwriters Will Varley, aber das erste, auf dem er sich einen Traum erfüllt. Bei »End Times« singt nämlich sein dol Billy Bragg mit, das gute Gewissen der englischen Folk Szene. Der kann auch auf den Rest der Songs stolz sein, denn da tummeln sich Liebeslieder, Alltagshymnen und poetische Notizen, da schlägt ein Herz unter der Lederhaut. Live ist das womöglich noch zutraulicher, zu begutachten im Oktober in fünf deutschen Städten.

Markus Hockenbrink


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