Musik

13.03. | Album der Woche

Iiro Rantala • Playing Gershwin

ACT

Iiro Rantala
Playing Gershwin
ACT, 31. Januar

Piano statt Privatjet

Iiro Rantala wechselt so leichthändig zwischen Pop, Klassik und Jazz wie andere ihre Socken. Der finnische Pianist über Humor auf der Bühne und ein nie beendetes Jazzstudium.

Iiro Rantala, Sie sind in Helsinki aufgewachsen. Nun hört man, dass Sie neuerdings Deutsch lernen. Wann kamen Sie mit der Sprache erstmals in Kontakt?
Als Kind sang ich Bach in einem Chor. Wir hatten einen Dresdner Chorleiter, der kein Wort Finnisch sprach. Er war die meiste Zeit wütend auf uns, weil wir zu laut waren, also machte ich vor allem unangenehme Bekanntschaft mit seinen Flüchen. Seit letztem Jahr finde ich die Sprache aber cool und möchte meine Konzertansagen nun öfter auf Deutsch machen.

Sie sind bekannt für Ihre humorvollen Ansagen auf der Bühne. Waren die schon immer so?
Vermutlich, zumindest erinnere ich mich daran, dass ich mich schon als Teenager mit meiner damaligen Band bei Konzerten über Rocker lustig gemacht und einmal rohes Fleisch auf der Bühne gegessen habe. Dann kam der Jazz, doch die Albernheiten sind geblieben. Das ist einfach meine Art, mit dem Publikum in Kontakt zu kommen – und in dieser Verbindung steckt schließlich die Magie.

Kommen Sie aus einer musikalischen Familie?
Überhaupt nicht, meine Eltern betrieben einen Fahrradladen. Aber das Radio lief permanent, und ich sang regelmäßig dazu. Meine Mutter meinte, ich hätte Talent, also brachte sie mich zum besten Chor in Finnland. Beim Vorsingen sang ich irgendetwas, das ich aus dem Radio kannte. Sie haben mich genommen, also muss es wohl harmonisch gewesen sein.

Sie waren auf berühmten Jazz-Schulen. Warum haben Sie nie einen Abschluss gemacht?
An der finnischen Sibelius Akademie heißt es noch immer, ich sei der schlimmste Student aller Zeiten gewesen. Ich habe nichts getan und keinen einzigen Kurs bestanden, sondern mich lieber gelangweilt. Jungen Leuten sage ich immer: verschreibt euch nicht zu sehr dem Studium. Wenn du auch so Konzerte spielen kannst, kümmere dich nicht um deinen Abschluss, denn der ist für eine professionelle Karriere unwichtig. Ich möchte nichts schlechtreden. Aber zur Uni kann man auch später noch gehen.

Nun sind Sie seit 30 Jahren ständig auf Tour. Vor ein paar Jahren haben Sie eine Regel aufgestellt: nie mehr als fünf Konzerte hintereinander.
Ich bin noch nicht so alt, aber ich habe genug Musiker mit Burnout gesehen. Wenn die sich auf Tour treffen, reden sie nur darüber, wie müde sie sind. So will ich nicht werden. Wir Jazzmusiker haben keine Privatflugzeuge und auch keine mitreisenden Yoga-Lehrer so wie Sting. Der ist ein echter Glückspilz.


Fazit:
Nach Alben mit Mozart, Bach und Lennon widmet sich Iiro Rantala nun dem Werk George Gershwins. Mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen schwebt der finnische Pianist wie gewohnt zwischen Jazz und Klassik, nimmt sich bei „Porgy and Bess“ (mit dem unsterblichen „Summertime“) einige herrlich verspielte Freiheiten und beweist in den Piano-Passagen seine ganze Virtuosität. Zugabe: fünf eigene Songs, ganz in der romantischen Tradition des großen US-Vorbildes.

Foto: ©ACT Gregor Hohenberg

Jan Paersch