Musik
11.10. | Album der Woche
Jesper Munk • Yesterdaze
Glitterhouse · 4. Oktober
Foto: Julio Cordey
Vernebelter Rückblick
Mit seinem Album »Yesterdaze« kehrt Jesper Munk nicht nur als Texter und Komponist zurück, sondern gibt auch sein Debüt als Produzent.
Ihr neues Album ist das erste, das Sie auch selbst produziert haben. Die Aufnahmen haben Sie zunächst auf Kassette aufgenommen. Warum dieses Medium?
Bei den Kernaufnahmen, die live mit der Band im Raum passieren, arbeite ich ungern mit Bildschirmen. Es ist gut, mal nur zu hören und dabei nicht abgelenkt zu werden. Gehör ist etwas Natürliches, Intuitives, gegen das man sich nicht so gut wehren kann. Sobald es visuell wird, zum Beispiel am Bildschirm, funktioniert der Mensch analytischer, taktischer und überlegter. Das ist nicht unbedingt dienlich, um die Essenz eines Songs zu erkennen. Später werden die Tapes dann digitalisiert und ich singe auch einen großen Teil noch mal ein.
Ihr Musikstil lässt sich als sehr vielfältig beschreiben, von Jazz über Indie-Pop, Chanson, R’n’B und Neo-Soul.
Es ist schwierig, diese Einflüsse zu trennen. Meine Musik hat eine Art Zwillingscharakter: Sie kann sehr laut sein und sehr leise, weich und hart, intuitiv oder irgendwie verkopft. Meine Mission, die sich so langsam mehr und mehr herauskristallisiert, ist es, warme und kalte Musik zusammenzubringen.
Auf Ihrem neuen Album singen Sie unter anderem von Depression, Entfremdung und Beziehungskrisen. Warum wurde es so privat?
Ich arbeite autobiografisch, auch dann, wenn es metaphorisch wird. Ich habe keinen richtigen Zugang dazu, nur narrativ zu schreiben. Persönlich zu schreiben, ist also fast schon ein Zwang für mich. So kommt auch stimmlich am meisten rüber. Wenn ich für andere schreiben würde, würde es mir bestimmt leichter fallen, etwas zu erfinden. Aber wenn ich selbst singe, muss es einfach persönlich sein.
Der Albumtitel »Yesterdaze« ist ein Kunstwort. Wofür steht es?
Das Album beschreibt meine letzten sechs Jahre in Berlin. Es war eine Zeit mit vielen Lockdowns, ganz surreal. Und mit Eskapaden, Inspirationssuche, Selbstfindung und Touren, das ist sowieso schon immer recht verwirrend, finde ich. Da trinke ich auch mal einen über den Durst, das sind dann vielleicht die »daze«-Momente. Insgesamt geht es um einen leicht vernebelten Rückblick. Und um das Ankommen.
Und wo kommen Sie an?
Vor allem mit der Musik und dem Schreiben, mit all der Angreifbarkeit, bin ich so angekommen, dass ich nur noch wenig Angst habe.
Jesper Munk
Yesterdaze
Glitterhouse • 4. Oktober
Zwei Jahre nach seinem Cover-Album »Taped Heart Sounds« veröffentlicht Jesper Munk wieder eigene Songs, in denen der Musiker die vergangenen Jahre in seiner Wahlheimat Berlin verarbeitet. Viel dreht sich dabei um eine Zeit, die der Musiker den beiden Post-/Noise-/Art-Punk-Projekten Public Display of Affection und Plattenbau gewidmet hat, mit denen er in Europa und Nordamerika auf Tournee war. Mit »Yesterdaze« tourt Jesper Munk in diesem Herbst und Winter durch Deutschland.
Maja Goertz