Kino

11.04. | Kinostart der Woche

Border

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Wild Bunch • 11. April

Dem in Kopenhagen lebenden Iraner Ali Abbasi gelingt mit dem oscarnominierten Fantasy-Drama » Border « eine ungewöhnliche Kinoüberraschung.

Mr. Abbasi, die Vorlage für Ihren Film » Border « stellt eine Kurzgeschichte dar. Warum weckte sie Ihr Interesse?

Mein erster Film » Shelley « war ein totaler Flop, den in Dänemark vielleicht 400 Leute gesehen haben. Also suchte ich nach einer Geschichte, die etwas mainstreamtauglicher ist. (lacht) Eine Kurzgeschichte von John Ajvide Lindqvist kam mir da gerade recht, immerhin ist er ein bekannter Autor und » Let the Right One In « war ein Erfolg.

Aber was reizte Sie inhaltlich an der Geschichte?

In » Border « stecken viele Themen, die ich spannend finde. Außerdem hatte ich große Lust darauf, eine Liebesgeschichte mit hässlichen Menschen zu erzählen, um es mal so auszudrücken. (lacht) Mich stört nämlich sehr, welch schräge ästhetische Maßstäbe heutzutage im Kino und in den Medien vorherrschen. Wenn ich eine amerikanische Serie einschalte, dann sieht dort selbst eine Sekretärin, die nur am Rande auftaucht, wie ein Supermodel aus. Hollywood hat eine fast surreale Realität geschaffen, die mit der echten nichts zu tun hat. In Wahrheit gibt es deutlich mehr Menschen, die nicht den vorgegebenen Schönheitsstandards entsprechen. Aber auch die haben Sex und ein Liebesleben.

Gleichzeitig erzählt » Border « auch vom Fremdsein. Lag Ihnen das als Iraner in Skandinavien besonders am Herz?

Klar, denn ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man einer Minderheit angehört. Ich lebe als Dunkelhäutiger mit Migrationshintergrund in einer weißen Gesellschaft und werde deshalb natürlich häufig als » anders « wahrgenommen. Allerdings denke ich, dass ein weißer Däne, der in einer Kleinstadt am Rande des Existenzminimums lebt, mindestens genauso sehr als Außenseiter gilt. Meiner Erfahrung nach wiegen soziale Milieuunterschiede heutzutage oft schwerer als eine andere Hautfarbe.

Wovon haben Sie sich für den außergewöhnlichen Look Ihrer Protagonisten inspirieren lassen?

Anfangs glaubte ich noch daran, geeignete Darsteller zu finden, die tatsächlich seltsam genug aussehen, merkte dann allerdings schnell, dass die Geschichte Laiendarstellern womöglich zu viel abverlangen würde. Also haben wir doch mit professionellen Schauspielern und speziellem Make-up gearbeitet, wobei wir vom Aussehen des Neandertalers ausgingen, denn der wirkt für einen Menschen nicht nur sehr grob und hässlich, sondern scheint – trotz der Verwandtschaft – auch einer anderen Spezies anzugehören. Diese Wirkung schwebte mir vor.

Interview: Patrick Heidmann

FAZIT : Noch faszinierender als das ungewöhnliche Aussehen der Zollbeamtin Tina (gleichermaßen großartig: Eva Melander und die Leistung der Visagisten am Set) ist die Geschichte selbst. Denn » Border « entpuppt sich als ebenso smarte wie schräge, überraschende Mischung aus Liebesfilm, Gruselmärchen und Sozialstudie, über die man im Vorfeld möglichst wenig wissen sollte.