Literatur
09.10. | Buch der Woche
Amor Towles • Eve
HanserAmor Towles
Eve
Übersetzt von Susanne Höbel (aus dem Englischen)
Hanser / 224 Seiten / 24,00 €
Wir kennen Eve schon seit einer ganzen Weile. Stolze 13 Jahre sind vergangen seit der Veröffentlichung von »Eine Frage der Höflichkeit«, diesem endlos eleganten jungen Klassiker und doch Debüt von Amor Towles. Schon bei ihrem ersten Auftritt im New York der 1930er-Jahre schien die Figur wie so viele andere in diesem geradezu für die Leinwand geschaffenen, dennoch bislang nicht verfilmten Roman wie gemacht für ihre eigene Bühne. Für ein Spin-Off. Prompt folgte die E-Book-exklusive Kurzgeschichte »Eve in Hollywood«, auf der nun diese Novelle basiert, die man vom ersten Satz, sowieso von Eves erstem Auftritt an, einen guten Hand- griff und eine frische Zigarette später, förmlich einatmen möchte. Überhaupt: Es gibt einen Plot in »Eve«, natürlich, die Schauspielerin Olivia de Havilland hat eine Rolle in dem genüsslich arrangierten Noir-Pulp, doch worum es eigentlich geht, das sind die szenischen Beobachtungen auf den Straßen und in den Hotels von Los Angeles sowie die perfekt getimten, in Melancholie getauchten und mit keckem Witz raffinierten Dialoge. Von den One-Linern ganz zu schweigen: »Ich fühle mich einfach zu Verflossenen hingezogen.« (Susanne Höbels Übersetzung wird in weitesten Teilen dem Glamour des Originals gerecht). In der US-amerikanischen Originalpublikation erscheint »Eve« übrigens als Teil der Sammlung »Table for Two«, zu der noch sechs Kurzgeschichten gehören. Dass sie zumindest fürs Erste nicht auf Deutsch zu lesen sind, ist so bedauerlich wie unverständlich.
Friedrich Reip