Musik

09.10. | Album der Woche

Giant Rooks • Rookery

Irrsinn/Universal

Foto: Joseph Kadow

GIANT ROOKS
Rookery

Irrsinn/Universal • 28. August

Von Raben und Krähen

Nach zwei EPs und einem »Tatort«-Soundtrack ist die Zeit für das Debütalbum von Giant Rooks gekommen. Es landet mit dem Selbstbewusstsein eines UFOs.

»Alles, was man tut, lebt die ganze Zeit von Mikroentscheidungen«, sagt Frederik Rabe. »Welchen Akkord man spielt, was man im Interview sagt.« Folgenschwere Mikroentscheidungen trifft der Sänger bereits seit fünf Jahren, denn so lange gibt es Giant Rooks inzwischen schon. Ursprünglich aus Hamm, der Stadt der Zugteilung, hat die Band längst auf den Bühnen des Landes ihr Zuhause gefunden – und darüber hinaus. »Wir sind die Band, die wirklich schon überall gespielt hat«, sagt Rabe, der das Live-Pensum seiner Gruppe auf bisher gut und gerne 450 Konzerte schätzt. Mit Veröffentlichungen haben sich Giant Rooks im selben Zeitraum zurückgehalten, nicht ohne Kalkül. »Es war immer unser Anspruch, auf unserem Debütalbum nach einer ganz klaren Vision zu klingen«, sagt der Sänger. »Deswegen haben wir fünf Jahre lang relativ wenig Musik veröffentlicht, haben aber viel geschrieben und viel gearbeitet. Und sind uns in diesen Jahren darüber klar geworden, was genau wir wollen: ein möglichst reifes und vielseitiges erstes Album.« Das Resultat kann man sich jetzt auf »Rookery« anhören. Elf Zwölftel davon sind noch nie live aufgeführt worden, wie die Band stolz ausrichten lässt, und wenn es so weit ist, dürfte das Ergebnis auch eingefleischte Fans verblüffen. » Rookery « überrascht mit musikalischer Finesse und instrumentaler Vielfalt, ist ein verschachteltes Popalbum geworden, das zwischen Indie und Soul mit verschiedenen Stilen flirtet. Eine Art erzählerische Klammer scheint es auch zu geben, denn »Giant Rooks« bezeichnet auf Englisch die Saatkrähen, der Albumtitel den dazugehörigen Krähenhorst. »Unsere Songs haben etwas Hoffnungsvolles, wir fühlen uns allerdings auch zu dunkleren Themen hingezogen«, sagt Frederik Rabe, wenn man ihn auf die Atmosphäre der Musik anspricht, die sich gerne in reizvollen Schattierungen präsentiert. Das hat in jüngerer Vergangenheit ganz unterschiedliche Zielgruppen begeistert. Nachdem Giant Rooks live bereits im Vorprogramm von Kraftklub und AnnenMayKantereit zu sehen waren, wurden einige ihrer Songs im letzten Jahr zur Untermalung einer »Tatort«-Folge eingesetzt. Der gefühlvolle Stil kommt an, was man auch daran ablesen kann, dass sich immer öfter Fans mit ungewöhnlichen Wünschen an die Band herantrauen. Ganz oben auf der Liste: Handschriftliche Songzeilen, die dann als Tattoo-Vorlage dienen sollen. Noch so eine Mikroentscheidung.

FAZIT: Früher sind Giant Rooks mit ihren Eltern auf Musikfestivals gegangen, und die Generationen übergreifenden Einflüsse hört man auch ihrem Debüt an. Frederik Rabes agile Stimme wildert sich durch die Genres, dahinter gibt es atmosphärisch dichte Popsongs mit tragischromantischer Fallhöhe. Ein Album, das Sturm und Drang mit modernen Molltönen und selbstbewusstem Vortrag paart: Giant Rooks mögen es leinwandbreit und in internationalem Format.

Markus Hockenbrink