Musik

08.10. | Album der Woche

Efterklang • Windflowers

City Slang

08.10. | Album der Woche - Efterklang • Windflowers

Foto: Dennis Morton

Songs zur Schneeschmelze

Efterklang haben den Lockdown zur Sinnsuche genutzt und sind fündig geworden. Ihr neues Album gleicht einer Blume, die sich nicht kultivieren lässt.

Casper Clausen sagt, er habe noch nie so viele Songs geschrieben. Sagenhafte 70 sollen es am Ende der Aufnahmen gewesen sein, und doch schafften es nur neun auf das neue Album. Das liegt daran, dass während der Arbeit an „Windflowers“ ein übergreifendes Thema auftauchte, das der Sänger so beschreibt: „Im Gegensatz zu früheren Platten versuchen die neuen Texte, die Perspektive ein wenig zu verschieben. Weg vom Menschen an sich, hin zu der Welt als Ganzes.“ Klingt esoterisch, ist aber eigentlich genau das, was Efterklang schon immer ausgezeichnet hat. Musik, die klingt wie eine trostspendende neue Inneneinrichtung, die aber immer auch etwas Philosophie mitliefert. Schon das Covermotiv ist ein treffendes Beispiel. Es zeigt eine als „Windflower“ bekannte bodennahe Anemonenart, die das Beste aus dem kurzen dänischen Frühling macht, indem sie nur für eine kurze Zeit blüht – dafür aber umso üppiger. Clausen hatte vorher noch nie von dieser Blume gehört, fand aber sofort, dass sie das passende Bild zur Musik liefert. „Es macht keinen Unterschied, ob die Blüte weiß oder gelb oder blau ist“, sagt er. „Wenn diese Blume kurz nach der Schneeschmelze blüht, ist das wie ein Schimmern inmitten des Todes.“ Dass „Windflowers“ eher an das Schimmern als an den Tod denken lässt, hängt einerseits mit Efterklangs federleichten, mit dezenter Elektronik durchzogenen Songs zusammen, andererseits mit den Texten, die abwechselnd von Nähe und Ferne handeln. „Mindless Center“ beschreibt die Einsamkeit auf deutschen Autobahnen, „Hold Me Close When You Can“ dagegen das Gefühl, die richtige Ausfahrt genommen zu haben und endlich zu Hause angekommen zu sein – auch im spirituellen Sinn. Die Emotionen des Durchreisenden kennt Casper Clausen aus eigener Erfahrung, denn nach Stationen in Berlin und Lissabon sieht er sich aktuell nach einer Bleibe in Brüssel um. „Jeder braucht ein Zuhause“, meint er. „Aber ich habe keine besondere Beziehung zu physischen Orten oder persönlichen Besitztümern. Ich brauche nur einen Ort, an dem ich die Türen offenlassen und nackt herumlaufen kann.“ Selbst die Menschen, die man um sich braucht, seien je nach Lebensabschnitt andere, behauptet der Sänger, der nur eine Konstante nicht missen will: seine Gitarre. „Ein Instrument zu spielen, würde ich jederzeit empfehlen“, sagt er. „Selbst wenn man am Ende nicht für die ganze Welt musiziert: Wenn man ein Instrument lernt, wird man zu einem besseren Menschen.“

Wir verlosen zwei Exemplare des Albums auf CD! Die Teilnahme erfolgt über eine Mail mit den eigenen Kontaktdaten an redaktion[at]galore.de. Einsendeschluss ist am 18.10.21, 23.30 Uhr.

Efterklang
Windflowers
City Slang – 8. Oktober

Anders als bei seiner Zweitband Liima steht bei Efterklang Casper Clausens Talent für handgemachte Musik im Fokus. Sein Zaubertrick ist derselbe wie der von klassischen Filmstars: Verletzlichkeit stark klingen zu lassen. Auf „Windflowers“ gelingt das mit spät blühenden Melodien, sanften elektronischen Anklängen und Clausens feiner, feierlicher Stimme. Einer der besten Songs auf dem Album hat das passende Bild schon im Titel: „House On A Feather“ zelebriert die Kraft, die in der Ruhe liegt.

Markus Hockenbrink