Literatur

07.09. | Buch der Woche

Konrad Boguslaw Bach • Der Wisent

Blessing

07.09. | Buch der Woche - Konrad Boguslaw Bach • Der Wisent

Dann, auf Seite 159, ist Konrad Boguslaw Bach – irgendwo in Berlin – bei der Kulturgeschichte des Schnurrbarts angekommen. Sein Roadtrip von Polen über die brandenburgische und niedersächsische Provinz hätte sicherlich auch mit weniger Umschweifen ins holländische Ziel finden können. Und doch ist an diesem Wunder von einem Roman über den alternden Heniek, der sich mit seinem Freund Andrzej auf die Suche nach seiner Frau macht, die ihn in Richtung des niederländischen Domburg verlassen hat, keine der 432 Seiten zu viel. Zu gerne folgt man dem Autor auf seinen mäandernden Gedankengängen. Wie sich die beiden Kumpane durch Europa schlagen, dabei über Gott und die Welt, über die EU und den Papst, über Kommunismus und Kapitalismus, über Liebe, Leben, Tod und Sterben räsonieren, ohne sich selbst all dieser Zusammenhänge völlig gewahr zu sein, verrät eine leichtfüßige Fabulierkunst, die umso erstaunlicher ist, wenn man bedenkt, dass es sich hier um einen Debütroman handelt. Beeindruckend, wie präzise, ja fast zärtlich, Bach seine Hauptfiguren behandelt, obwohl es sich doch vorgeblich um provinzielle Hinterwäldler handelt. Beißend zugleich der Spott, mit dem er etwa kapitalismuskritische Hipster-Kapitalisten überzieht, ohne jedoch auch hier das Menschliche im Allzumenschlichen zu übersehen. So steht „Der Wisent“ als ein lakonischer Roman vom Kommen und Gehen, mehr noch: vom Vorüberziehen, vor dem Leser. Nein, große Literatur braucht keine Erfahrung. Konrad Boguslaw Bachs Debüt ist der beste Beweis.

Konrad Boguslaw Bach
Der Wisent

Blessing, 432 Seiten

Daniel Monninger