Musik

07.06. | Musiktipps der Woche

Brad Mehldau • John Prine

John Prine • The Tree Of Forgiveness

Oh Boy Records • 13. April

prineCoverJohnny Cash bezeichnete ihn als eine seiner großen Inspirationen, Bob Dylan nennt seine Texte „puren Proust’schen Existenzialismus“, der Autorenverband P.E.N. verlieh ihm 2016 den Song Lyrics Award – John Prine könnte sich bei so viel Lob und Ehre zufrieden auf die Schulter klopfen. Doch das würde nicht zu dem 71-Jährigen passen, der seine Songs gerne mit kauzigem Humor spickt, daneben aber ebenso ergreifende wie tieftraurige Bilder mit Worten zeichnen kann. Für sein erstes Album mit eigenen Songs seit 13 Jahren hat er sich zum Komponieren in ein Hotel in Nashville zurückgezogen – „heimlich, damit niemand tratschen kann, dass meine Frau mich rausgeworfen hat“. Nach einer Woche kam er mit einer typischen Mischung wieder heraus. Der Opener „Knockin’ On Your Screen Door“ betrachtet das Thema Einsamkeit mit einem lachenden Auge, „Summer’s End“ verarbeitet es wenig später voller Melancholie. Musikalisch ist das Album sehr akustisch und rudimentär gehalten, was Prines folkigen Erzählungen den entsprechenden Raum einräumt.

Chris Hauke


Brad Mehldau • After Bach

Nonesuch • 09. März

mehldauCoverJohann Sebastian Bach galt damals als Meister seines Faches. In seinen Fugen verwebt er Stimmen kontrapunktisch ineinander, verfremdet sie harmonisch und rhythmisch und lässt sie auf wunderschönen Umwegen wieder zu ihrer Natur zurückfinden. Brad Mehldau macht auf „After Bach“ eigentlich genau dasselbe – aber rigoroser. Er knöpft sich fünf verschiedene Stücke aus Bachs Wohltemperiertem Klavier vor. Mit seiner Interpretation der jeweiligen Werke stellt er nicht nur sein genreübergreifendes pianistisches Können unter Beweis. Wirklich herausragend sind seine entsprechenden Improvisationen. In „After Bach: Rondo“ beispielsweise synkopiert der Jazzpianist Bachs Variante des Themas, verschiebt es in eine andere Taktart und fügt neuartige Harmonien hinzu. Man kann die Handschrift Bachs klar erkennen, aber sie ist verschnörkelt, verzerrt und aus ihrer Zeit enthoben. In jeder Improvisation hat Mehldau einen besonderen Zugang gefunden und schafft es, den Geiste Bachs zu bewahren und seine Werke für das 21. Jahrhundert zu übersetzen.

Katharina Raskob