Kino

07.04. | Kinostarts der Woche

Death of A Ladies‘ Man

  1. April, 1 Std. 41 Min.

In Matt Bissonnettes surrealistischem Drama erlebt der Poesie-Professor Samuel O’Shea (Gabriel Byrne) schrille Halluzinationen. Manchmal taucht sein toter Vater (Brian Gleeson) auf, sein Saufkumpan erweist sich als Frankensteins Monster, und Gänse speien in Game-of-Thrones-Manier Feuer auf das nächtliche Montreal. Der Ärztin erzählt er, dass er seine tägliche Alkoholration nach der Trennung von seiner Frau auf 28 Drinks erhöht hat. Irische Folklore ist das alles nicht mehr. Als ein inoperabler Gehirntumor festgestellt wird, macht er sich auf eine Reise in die Heimat, um endlich sein Buch zu Papier zu bringen und die Quelle seines selbstzerstörerischen Verhaltens aufzuspüren. Als Zuschauer geht man mit den wechselnden Geistes- und Gemütszuständen während dieser tragikomischen Lebensbilanzierung nur zu gerne mit. Und besser als in diesem von Leonard Cohen und einigen seiner besten Lieder inspirierten Film hätte man Gabriel Byrnes düster-romantische Melancholie nicht einsetzen können.

Nora Harbach


Der Waldmacher

  1. April, 1 Std. 33 Min.

Tony Rinaudo ist australischer Agrarexperte, Träger des alternativen Nobelpreises, und ein bisschen ist er auch Entdecker. 1981 kommt er als junger Wissenschaftler in den Niger. Der Versuch, die Ausbreitung der Wüsten durch das Pflanzen neuer Bäume zu verhindern, scheitert. Allerdings entdeckt Rinaudo ein riesiges unterirdisches Wurzelnetzwerk, das mit der richtigen Schnitttechnik die Erde wie von selbst neu ergrünen lässt. Seit drei Jahrzehnten und in inzwischen 25 Ländern kämpft Rinaudo für sein Lebenswerk, dem Regisseur Volker Schlöndorff nun seinen ersten Dokumentarfilm gewidmet hat. Dieser zeigt Afrika in einem hierzulande viel zu selten wahrgenommenen, hoffnungsvollen Glanz. Die „Mutter Theresa Afrikas“, wie Rinaudo mitunter genannt wird, spricht große, druckreife Sätze wie diesen in die Kamera: „Mit den richtigen Produktionsmethoden wäre es für Afrika ein Leichtes, die ganze Welt zu ernähren.“ So beglückend wie hier hat man selten vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr gesehen.

Daniel Monninger


Wo in Paris die Sonne aufgeht

  1. April • 1 Std. 46 Min.

„Erst vögeln, dann schauen“ ist die Devise der jungen Émilie. Diese geht allerdings nicht auf, als sie auf ihren neuen Mitbewohner Camille trifft und sich sofort in ihn verliebt. Camille will seinerseits nur Sex und beendet die Affäre bald. Dann trifft er auf Nora, eine aparte Studentin, die Opfer von Cyberbullying war, weil sie mit einem Porno-Camgirl verwechselt wurde. Noras Unsicherheit reizt Camille und macht ihn zugleich unglücklich. Regieveteran Jacques Audiard hat einen wilden Schwarz-Weiß-Film geschaffen, der nicht zufällig an Graphic Novels erinnert, sind die Charaktere doch von drei Kurzgeschichten des Comiczeichners Adrian Tomine inspiriert. Cesar-Preisträgerin Noémie Merlant als Nora, Newcomerin Lucie Zhang als Émilie und Theatermime Makita Samba als Camille stellen leidenschaftlich dar, dass die Liebe im Tinder-Zeitalter sich weiter um Vertrauen und Gemeinsamkeit dreht. Rocksängerin Jehnny Beth gibt ihn ihrer kurzen Rolle als Camgirl Amber Sweet die berührendste Vorstellung.

Miguel Peromingo