Kino

06.10. | Kinostarts der Woche

06.10. | Kinostarts der Woche

Rimini

In einem Land, das es nicht mehr gibt


Rimini

  1. Oktober, 1 Std. 54 Min.

Die Winter an Orten, die für ausgelassene Sommer stehen, sind bekanntermaßen besonders trostlos. Der abgehalfterte Schlagersänger Richi Bravo (grandios: Michael Thomas) hat die eigene Hauptsaison längst hinter sich und hält sich in Rimini mit Gigolo-Diensten und dem Auftreten vor Touristengruppen über Wasser. Den dringend benötigten Wodka spart er sich regelrecht vom Munde ab. So ist es kein Wunder, dass er in Zahlungsnöte gerät, als seine vor langer Zeit verlassene Tochter (Tessa Göttlicher) vor ihm steht und Alimente einfordert. Die Flucht aus dem Nazi-Urschlamm, in Form des sich im Al-tersheim befindlichen Vaters (der letzte Auftritt von Hans-Michael Rehberg), in die verlogene Welt des Schlagers, ist nicht besonders neu oder schockierend. Da hat man Regisseur Ulrich Seidl (Paradies-Trilogie) schon heiklere Sujets bearbeiten sehen. Dennoch verliert er nie die Empathie für seine Au-ßenseiter-Charaktere und schafft mit dem prachtvoll verwahrlosten Richi Bravo eine Figur, die lange in Erinnerung bleibt.

Nora Harbach


In einem Land, das es nicht mehr gibt

  1. Oktober, 1 Std. 40 Min.

Nur wenn wir träumen, sind wir frei. Dieser Satz fällt im Film von Aelrun Goette (Regie und Drehbuch) häufig. So träumen wir uns in die DDR des Jahres 1989: Bei Suzie (Marlene Burow) findet die Polizei „1984“ von George Orwell, sie darf ihr Abitur nicht machen und wird in die sozialistische Produktion in einem Kabelwerk gesteckt. In weite Ferne rückt ihr Plan eines Literaturstudiums. Doch von Modefotograf Coyote, charmant gespielt von David Schütter (bekannt aus der Netflix-Serie „Barbaren“) wird sie in der Tram geknipst, und so landet sie in der Redaktion der Frauenzeitschrift „Sibylle“, ziert Cover und Seiten. Sie verliebt sich, lernt den begabten schwulen Modemacher Rudi (Sabin Tambrea) und die schillernden Nischen der DDR kennen. Ein vielversprechender Filmstoff. Doch die Modeszene der DDR dient mehr als Kulisse als der echten Auseinandersetzung. Wünschenswert wären mehr Zeit, Tiefe und Hingabe für die Themen und Charaktere gewesen. Geeigneten Serienstoff liefert das Sujet allemal.

Sophie Glaser