Literatur

06.10. | Buch der Woche

Carolin Kebekus • Es kann nur eine geben

Kiepenheuer & Witsch · 7. Oktober

Es gibt so viel mehr

Carolin Kebekus seziert in ihrem Buch Gender-Ungerechtigkeiten und legt wirkungsvoll dar, wo selbst Männer (und Frauen) in vermeintlich fortschrittlichen Bereichen wie der Medienwelt regelmäßig in die Fallen das hartnäckigen Patriarchats tappen.

Da sitzt Carolin Kebekus auf dem Thron, schaut kühl in die Kamera und zeigt damit ihre Macht: geschafft. Queen of Comedy. So erfolgreich, wie kaum jemand neben ihr. Auch kein Mann. Also alles gut in Sachen Gender-Gerechtigkeit, oder? Es gab ja auch 16 Jahre Angela Merkel, Annalena Baerbock war Kandidatin bei den Grünen, und wie viele Tatort-Kommissarinnen gibt es heute? Da kann man die Gleichberechtigung einfach mal als abgeschlossen bezeichnen – inklusive Verzicht auf Gender-Sternchen, Quote und sonstige Maßnahmen. Alles viel zu ungemütlich, und es geht ja auch ohne.

Und was macht Carolin Kebekus, die Frau auf dem Thron? Schreibt ein Buch, das wie ein lautes, lustiges „Von wegen!“ wirkt. Anhand autobiografischer Anekdoten, zum Beispiel aus der Welt des Kölner Karnevals oder der Katholischen Kirche, sowie einer Vielfalt von Belegen aus Studien und Büchern anderer Autorinnen beschreibt Kebekus in "Es kann nur eine geben" eine Gesellschaft, die von Gender-Gerechtigkeit noch weit entfernt ist. Nicht, weil es Frauen nie nach oben schaffen. Sondern weil sich die Gesellschaft scheinheilig damit zufrieden zeigt, wenn es die eine geschafft hat. Und die vielen anderen daraufhin ignoriert werden.

Geschrieben hat Carolin Kebekus dieses zugleich unterhaltsame, lehrreiche und ziemlich ungeduldige Buch zusammen mit der Comedy-Autorin Mariella Tripke, Autorin für unter anderem die „heute show“ und Böhmermanns „Neo Magazin Royale“. In einem Interview für das Web-Comedy-Netzwerk CoJokingSpace sagte sie vor Kurzem: „Eine lustige Frau schüchtert Männer ein, weil sie Sachen auf den Punkt bringt.“ Der Satz trifft auch auf dieses Buch zu: Kebekus und Tripke machen klar, dass weder Männerhass noch Überempfindlichkeit dazu antreiben, den Wandel einzufordern, sondern die Gewissheit, dass Verletzungen und Unterwerfungen von Frauen weiterhin alltäglich sind. Und zwar nicht nur im Karneval und der Katholischen Kirche, sondern auch in der Medienwelt, die sich gerne fortschrittlich gibt. Eine der eindrucksvollsten Stellen des Buches ist daher eine 19 Seiten lange Auflistung von professionell lustigen Frauen im deutschsprachigen Raum, von Amina Abdullkadir bis Nora Zukker. „Es kann nur eine geben“? Namen sind manchmal die stärken Argumente.

André Boße