Literatur

04.10. | Buch der Woche

Leonard Cohen • Die Flamme | The Flame

Leonard Cohen

Die Flamme | The Flame

Kiepenheuer & Witsch • 04. Oktober

Cohen2016 verstarb Leonard Cohen und die Welt wurde um einen Ausnahmekünstler ärmer. Ursprünglich wollte der Musiker Autor werden. Ein Poet war er in jedem Fall, wie nicht nur sein kurz vor seinem Tod vollendetes Buch „Die Flamme | The Flame“ zeigt. Außergewöhnlich nah kommt man dem Kanadier mit dieser Sammlung, in der neben zahlreichen unveröffentlichten Gedichten auch handschriftliche Notizen abgedruckt sind. Hunderte von Notizbüchern soll Cohen gehortet haben, viele der Einträge finden Eingang in sein letztes Werk. Die Assemblage mit skizzenhaften Selbstportraits, mit denen Cohen ganz unterschiedliche Stimmungen zu den Texten einfängt, erweitert den Band um eine weitere künstlerische Ebene. Ein genialer Schachzug ist zudem die freie Hand, die den unterschiedlichen Übersetzern überlassen wurde. Wortwörtlich, nach rhythmischen Gesichtspunkten oder inhaltlich bahnen sich diese einen poetischen Weg durch Cohens Zeilen, die Seite an Seite auf Deutsch und Englisch abgedruckt wurden. Vorangestellt ist der Sammlung ein erhellendes Vorwort seines Sohnes Adam Cohen, das die Entstehung des Buches beschreibt. Unbedingt wollte Cohen dieses Projekt abschließen: In einem Interview mit dem New Yorker, wenige Wochen vor seinem Tod, sagte er, er wäre bereit zu sterben, er bräuchte nur noch genug Zeit, dieses letzte Buch zu vollenden. So arbeitete er bis kurz vor seinem Tod an seinem literarischem Vermächtnis, das einen authentischen Blick auf seine verschlungenen Lebenswege bietet. Mit der hochwertigen Ausstattung wird dieses besondere Werk schlussendlich abgerundet. Eine dichte, persönliche, politische und kunstvolle letzte Veröffentlichung hat Cohen hier nicht nur seinen Fans hinterlassen.

Marina Mucha