Musik

04.04. | Album der Woche

Charlie Cunningham • In Light

Humming Records

04.04. | Album der Woche - Charlie Cunningham •  In Light
Foto: Maximilian Koenig

Echt verbunden

Alarmiert von den Entwicklungen der KI, dringt Charlie Cunningham auf seinem neuen Album zum Kern des künstlerischen Ausdrucks vor.

Charlie Cunningham, Sie haben sich für »In Light« mit dem Produzenten Luke Smith zusammengetan, weil sie beide sich laut Ihrer Aussage in Ihrer musikalischen Grundphilosophie ähneln. Wie genau sieht diese gemeinsame Ebene aus?
Wir wissen beide, wie wichtig es ist, eine authentische Performance abzuliefern, Gefühle also so ehrlich und direkt wie möglich auszudrücken. Wenn einem das gelingt, hat man schon den größten Teil des Weges geschafft. Mit Musik seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ist ein Privileg, mit dem aber auch eine gewisse Verantwortung einhergeht, die teilweise entmutigend wirken kann. Trotzdem wollten wir beide, dass der Entstehungsprozess dieses Albums eine positive und bereichernde Erfahrung wird, und das war er dann zum Glück auch.

Sie sind dafür tief in Ihr Seelenleben abgetaucht. Worauf sind Sie bei der Beschäftigung mit sich selbst gestoßen?
Normalerweise dauert es eine Weile, bis ich nach der Fertigstellung eines Albums darüber nachdenken kann, was ich über mich selbst gelernt habe. Wenn ich mir jetzt ältere Songs anhöre, mache ich durchaus kleine Entdeckungen. In diesem Fall habe ich früh gelernt, meinem Unterbewusstsein viel mehr zu vertrauen als früher und mich davor zu hüten, dass mein kritischer Verstand mir unnötig in die Quere kommt.

Wie bringen Sie die intime Atmosphäre des Albums während Ihrer Tour auf die Bühne?
Es geht vor allem um eine Verbindung zum Publikum – das ist es, was man bei einer Live-Show erreichen will. Am Anfang muss ich immer erst ein bisschen abschalten, um nicht von den Scheinwerfern und den Leuten, die einen gebannt anstarren, überwältigt zu werden. Sobald ich aber die ersten Songs hinter mir habe, fühle ich mich wohler, und das merkt das Publikum auch. Dann kommt es zu einem Energieaustausch und einer echten Verbindung miteinander.

Sie zeigen sich besorgt über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Musik und halten es auch in dieser Hinsicht für wichtig, weiterhin das »Echte« einzufangen. Warum?
Ich finde es erstaunlich, was KI zu leisten vermag, und welche großen Fortschritte dadurch möglich werden. Wir sollten bloß vorsichtig sein, wenn es um den echten, rein menschlichen Ausdruck geht – es gibt einige Bereiche, in denen wir damit nicht sparen sollten und die Kunst zähle ich dazu.


Charlie Cunningham In Light Charlie Cunningham
In Light
Humming Records • 4. April

Auf seinem vierten Album »In Light« wollte der vom Indie-Folk inspirierte Singer-Songwriter Charlie Cunningham Grenzen überschreiten. Und so taucht er noch tiefer in sein persönliches und kreatives Bewusstsein ein als je zuvor. Das Ergebnis sind zehn Tracks, in denen Cunningham persönliche Wahrheiten erforscht und die Komplexität der Welt reflektiert – von der beunruhigenden Macht von Big Data (»Shape of Tomorrow«) bis hin zur Hoffnung, die echte menschliche Beziehungen bieten (»This I Know«). Musikalisch verwebt der Brite sanft pulsierende organische Produktionen, schwebende Melodieflächen und sein meisterhaftes Gitarrenspiel mit einer gedämpften Instrumentierung, die wie von Zauberhand seiner Stimme folgt.

Hannah Heubel