Musik

03.04. | Album der Woche

Kandace Springs • The Women Who Raised Me

Blue Note

Foto: Robby Klein

Girl Power á la Jazz

Mit ihrem dritten Album zollt Kandace Springs jenen Frauen Tribut, mit deren Musik sie aufgewachsen ist – von Nina Simone bis hin zu Norah Jones.

Was ist die Idee hinter „The Women Who Raised Me“?
Dahinter stehen Sängerinnen wie Ella Fitzgerald, Nina Simone, Norah Jones, Lauryn Hill – ich singe ihre Songs seit ich 12 oder 13 Jahre alt bin. Besondere Frauenstimmen mochte ich schon immer. Mit dem Album wollte ich meine Liebe und Dankbarkeit gegenüber diesen Frauen ausdrücken, denn ich habe so viel von ihnen gelernt und all das machte mich zu der Person, die ich heute bin.

Mit vielen Songs verbinden Sie persönliche Erinnerungen. Es heißt, „The Nearness Of You“ von Norah Jones sei der Grund, warum Sie mit dem Singen begonnen haben.
Stimmt! Als ich 14 Jahre alt war, schenkte mein Vater mir ihr Album „Come Away With Me“. Alle meine Freunde hörten damals eher Rap, aber ich mochte ältere Jazz- und Soul-Musik. Diese junge Frau, die jazzige Musik macht und noch dazu Klavier spielt, hat mich umgehauen.

Für das neue Album nahmen Sie mit ihr nun den Ella-Fitzgerald-Song „Angels Eyes“ auf. Wie war es, neben Ihrem Idol im Studio zu stehen?
Ich kann immer noch nicht glauben, dass es passiert ist. Wir trafen uns zunächst bei ihr und spielten einander alte Songs vor. Irgendwann kamen wir auf „Angels Eyes“, das wir beide lieben. Wir zeigten einander, wie wir es spielen, danach gingen wir ins Studio. Norah saß an einem wunderschönen Steinway Flügel und ich an einem alten Wurlitzer Electric Piano, keine zwei Meter voneinander entfernt. Es war unglaublich! Sie ist mein Idol, aber irgendwie auch meine Schwester.

Eine besondere Geschichte steckt auch hinter „Strange Fruit“: 1939 prangerte Billie Holiday darin zum ersten Mal offen die Unterdrückung der Schwarzen in den USA an.
Ich bin im Süden aufgewachsen und wenn man bedenkt, was Afroamerikaner dort durchmachen mussten, war es wahnsinnig mutig von ihr, diesen Song damals zu singen. Geschrieben hat ihn ein jüdischer Lehrer aus New York und der Text ist absolut auf den Punkt. Erst dachte ich, dass ich ihn unmöglich singen könne – aber dann wollte ich dem Stück Respekt zollen. Ich hoffe, dass sich die Leute dadurch mit der Geschichte auseinandersetzen.

Kann man sagen, dass die zwölf Songs Ihres Albums insgesamt für die Stärke, den Mut und das Talent von Frauen stehen?
Absolut! Ich war immer eine große Unterstützerin von Girlpower. Ich bewundere Frauen, die mutig und stark sind, die ihre Träume verfolgen und sich von niemandem unterdrücken lassen. So habe ich selbst auch immer gelebt.


Fazit: Nachdem Kandace Springs sich auf ihrem letzten Album „Indigo“ einer moderneren Produktion gewidmet hatte, kehrt sie mit „The Women Who Raised Me“ zum Jazz zurück: Gemeinsam mit ihrer dreiköpfigen Band covert sie zwölf Songs von Frauen, die ihre musikalische Sozialisation beeinflusst haben. Egal, ob Springs Gesang dabei von einer sanften Trompete, Flöte oder dem Tenor-Saxophon untermalt wird oder sie Billie Holidays „Strange Fruit“ ganz alleine am Rhodes Piano spielt – statt die Songs einfach nur nachzuspielen, macht die Amerikanerin sie sich zu eigen.

Nadine Wenzlick