Nicht vom Reißbrett

Ein Jazz-Duo der besonderen Art: Auf dem so experimentellen wie entspannten Album »Closer« trifft Trompeter Nils Wülker auf Gitarrist Arne Jansen.

Trompete und Gitarre – eine ungewöhnliche Besetzung mit ungewöhnlicher Musik. Wie kam es zu diesem Duo, Herr Wülker?
Das lag vor allem daran, dass ich etwas mit Arne machen wollte. Wir kennen und schätzen uns ja schon seit gut 20 Jahren, seit 2009 spielt er in meiner Band. Das heißt, wir verstehen uns musikalisch blind und die menschliche Chemie stimmt auch. Nach ein paar erfolgreichen Live-Gigs war das Album fast der logische nächste Schritt.

Auf dem Album finden sich kaum Overdubs. Ging es Ihnen bei den Aufnahmen darum, die Musik auch live umsetzen können?
Genau. Wir haben das Konzept auf der Bühne entwickelt, deshalb wollten wir die vielen Studio-Möglichkeiten auch nicht ausreizen. Unser Gradmesser war immer die Umsetzbarkeit auf der Bühne.

Welche musikalischen Besonderheiten zeichnet das Duo-Format aus?. Man kann sich nicht verstecken und ist deshalb ganz anders gefordert. Andererseits ermöglicht ein Duo die unmittelbare Interaktion: zwei Personen, die sofort aufeinander reagieren können und müssen. Das ist eine besondere Qualität – sowohl musikalisch als auch menschlich. Sie interpretieren auf »Closer« auch Songs aus fremder Feder. Das ist für Sie untypisch ... Das stimmt. Damit wollte ich klar machen, dass das Duo eine Sonderstellung einnimmt. Es soll sich von meinem restlichen Werk abgrenzen.

Nebenbei grenzen Sie Sich damit auch von ihrem populären Kollegen Till Brönner ab. Spielen dergleichen Positionierungs-Gedanken für Sie eine Rolle?
Nein, ganz und gar nicht. So etwas würde bei mir nicht funktionieren. Ich bin immer dann am besten, wenn ich auf etwas richtig Lust habe, wenn ich für ein Projekt brenne. Reißbrett-Ideen funktionieren bei mir dagegen überhaupt nicht.

Sie waren während der Corona-Zeit sehr aktiv, haben drei Alben in den letzten zweieinhalb Jahren herausgebracht – Ihr Rezept gegen den Pandemie-Blues?
Das kann man so sagen. Das Komponieren, das Arbeiten an Musik war während dieser belastenden Zeit sehr hilfreich. Frustrierend war die Phase trotzdem, da ich – wie alle anderen – meine Musik nicht auf die Bühne bringen konnte.

Wer ist der größte Trompeter aller Zeiten?
Miles Davis. Er hatte diesen unverkennbaren Ton und konnte mit ganz wenig Aufwand eine ungeheure Intensität schaffen. Das kann ich nur bewundern.

Nils Walker & Arne Jansen
Closer
Warner, 3. Februar

Zwei Musiker, die sich blind verstehen. Da geht es tatsächlich kaum »Closer«, wie Trompeter Nils Wülker und Gitarrist Arne Jansen ihr erstes gemeinsames Alben betiteln. Neben dem radikal reduzierten Line-Up überraschen die beiden Jazzer aber auch mit der Songauswahl. So finden sich neben sieben Song-Originalen auch drei Cover-Versionen. Darunter das düstere, von Trent Reznor (Nine Inch Nails) geschriebene und von Johnny Cash für die Ewigkeit aufbereitete »Hurt«. Auch ihre Version ist gänsehauttauglich.