Musik

02.12. | Album der Woche

Neil Young • World Record

· 18. November

02.12. | Album der Woche - Neil Young • World Record

Foto: Joel Bernstein

Neils Doppel-Wumms

Wie steht es um die Welt? Der kanadische Alt-Hippie Neil Young gibt auf seinem neuen Album »World Record« die Antwort – begleitet erneut von Crazy Horse.

Gemurmel, Geraschel, etwas Klavier-Geklimper, dann; » ... two, three, four« – und los geht´s mit dem Opener »Love Earth« von Neil Youngs neuem Album »World Record«. So ein Auftakt ist ein Statement. Er besagt: Live-Recording! Keine oder zumindest kaum Overdubs! Im Subtext klingen dazu so hochgeschätzte Recording-Floskeln wie »Magie des Moments eingefangen« und »maximale Authentizität« durch. Okay, im Kleingedruckten mögen dann noch so unbedeutende Randnotizen stehen wie: Spielfehler und Unsauberkeiten inklusive. Doch wen scheren diese Banalitäten, wenn es sich erstens um Songwriter-Fürst Neil Young handelt und sich dieser – zweitens – nichts weniger als den Gesamtzustand von Mutter Erde vornimmt? Um es vorweg zu sagen: Es ist ein ziemlich tolles Album. Und tatsächlich fühlt man im Verlauf der zehn Songs, die unter der Regie von Kult-Produzent Rick Rubin (Johnny Cash, Red Hot Chili Peppers) entstanden, diesen musikalischen Austausch zwischen dem 77-jährigen Folk-Apostel und seinen getreuen Begleitern von Crazy Horse. Die Band, zu der heute Nils Lofgren, Billy Talbot und Ralph Molina gehören, assistierte dem dünnstimmigen Sänger bereits auf dessen Meilenstein »After The Gold Rush« aus dem Jahr 1970. Und Neils Doppel-Wumms auch bei nachfolgenden Zusammenarbeiten – wie »Zuma«, »Ragged Glory« und zuletzt »Barn« – trieben die so gefühlvoll wie zurückhaltend agierenden Musiker den Meister stets zu Höchstleistungen an. Klar, nach 20 gemeinsamen Arbeiten ist blindes musikalisches Verständnis Ehrensache. Und so bietet die Band das gut geölte Vehikel für Youngs unverkennbaren Gesang, für seine so ungestümen wie auch mal ungelenken Eruptionen auf der E-Gitarre und – natürlich, der Mann hat ein Anliegen – für seine Message. Die hat es wieder mal in sich: Auf »World Record« beschreibt er immerhin die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft der Welt. Trotz wütender Appelle (»Break The Chain«) bleibt der Tonfall aber stets vorsichtig optimistisch und bei »This Old Planet« lässt er sich zu einem echten Liebeslied zu unser aller Welt hinreißen. So universell dachte Neil Young 1971 noch nicht, als er sein Meisterwerk »Harvest« veröffentlichte. Zum 50. Jubiläum dieses zeitlos-schönen Folk-Monoliths bringt seine Plattenfirma eine »Anniversary Edition« heraus – bestehend aus der regulären CD, einem von der BBC aufgezeichneten Live-Mitschnitt sowie drei bisher unveröffentlichte Album-Outtakes. Für Young-Jünger: unverzichtbar.

Neil Young World Record
Reprise, 18. November

Fazit: Neil Young hat nicht nur den Folk- und Folk-Rock geprägt, er zählt auch zu den Ziehvätern des Grunge. Diese erstaunliche Vita spiegelt sich in den Songs von »World Record« wider: Kleine, harmonisch goldige Pretiosen (»This Old Planet«) wechseln sich ab mit infernalen Gitarren- Salven (»I Walk With You«) und harten Off-Beat-Tracks (»Break The Chain«). Dazwischen: stampfender Blues (»The World Is In Trouble Now«), Retro-Walzer (»The Long Day Before«) und ausgedehnte Rock-Sessions (»Chevrolet«).

Gunther Matejka