Musik
02.05. | Album der Woche
Penelope Trappes • A Requiem
One Little Independent/Bertus
Foto: Jason Renaud
Einfach loslassen
Penelope Trappes findet es nicht verkehrt, sich Gedanken über Vergänglichkeit zu machen. Deswegen ist der Tod auf ihrem Album »A Requiem« allgegenwärtig.
Bei einem Requiem denkt man zunächst an klassische Komponisten wie Verdi oder Mozart. Mit ihnen würde sie sich nicht messen wollen, stellt Penelope Trappes, die ihr neues Album »A Requiem« genannt hat, im Videointerview sofort klar: »Ich präsentiere einfach eine zeitgemäße Requiem-Version einer Solokünstlerin.« Tatsächlich ist eines der zentralen Themen ihres Werks der Tod. »Wenn man sich mit dem Sterben beschäftigt, lernt man, das Leben zu respektieren und den Moment zu genießen.« Das düstere Lied »Sleep« zum Beispiel handelt davon, einen geliebten Menschen gehen zu lassen. Nicht nur dieses Stück hat die Australierin, die in Brighton lebt, für ihre Eltern geschrieben. »Mit dem Loslassen und dem Aufgeben habe ich mich in den letzten Jahren sehr intensiv beschäftigt«, sagt sie. »Je eher man bereit ist, sich von Schmerzen oder Traumata zu lösen, desto weniger leidet man.« Penelope Trappes weiß, wovon sie spricht. Als sie 14 Jahre alt war, wurde bei ihrer Mutter Parkinson diagnostiziert, inzwischen ist diese Erkrankung in einem fortgeschrittenen Stadium. »Seit meiner Teenagerzeit habe ich mit dem bevor-stehenden Tod gelebt«, erklärt die Musikerin. »Ich habe meine Trauer quasi vorweggenommen. Inzwischen habe ich aber gelernt, nicht mehr ständig in diese dunkle Wolke abzutauchen.« Mit anderen Worten: Während des Aufnahmeprozesses in Schottland, für den sich Penelope Trappes komplett isolierte, hat sie sich besser kennengelernt. »Im Studio habe ich direkt ein Cello in die Hand genommen und auf den Saiten herumgekratzt.« Dabei schien sie nach einem Streit mit ihrer Schwester förmlich zu explodieren: »Ich wollte einfach ins Mikrofon röhren, um meine inneren Dämonen auszutreiben.« Sie hatte das Gefühl, Wände einreißen zu müssen. »Ich war noch nie so aggressiv.« Das geht über Dreampop hinaus. Diesem Genre wurde ihre Musik in der Vergangenheit häufiger zugeordnet, wirklich glücklich war Penelope Trappes mit dieser Kategorisierung nie. »Gewiss zählen auch Albträume zu Träumen«, resümiert sie. »Doch populär im Sinne von massenkompatibel ist meine Musik nicht unbedingt. Es freut mich schon, wenn ich mit ihr ein paar Leute erreiche.« Ein Plus ist auf jeden Fall ihr expressiv-facettenreicher Gesang, gleichermaßen gut geschult in Klassik und Jazz. Penelope Trappes setzt ihn gern wie ein Instrument ein, ohne dass dabei ihre Emotionen auf der Strecke bleiben. »Ich mag es, meine Stimme wie eine Klanglandschaft zu nutzen.«
Penelope Trappes
A Requiem
One Little Independent/Bertus • 4. April
Gespenstische Soundbilder entfacht Penelope Trappes mit ihrer avantgardistischen Musik– mal gespickt mit Ambient, mal trumpft das Cello auf. Bei »Torc« hört man den schottischen Regen, für »Thou Art Mortal« wechselt die Sängerin ins Gälische. Im sphärischen »Red Dove« begegnet man nicht etwa einer Friedenstaube, sondern einer blutigen Taube. Das ist unheimlich und zugleich schön. »Bandurai« erzählt von weiblichen Druiden, dabei legt sich das Cello um den Gesang.
Dagmar Leischow