
Yann Tiersen
„Meine Musik ist nicht romantisch.“
Zur Person
Yann Tiersen wurde am 23. Juni 1970 in Brest in der Bretagne geboren und wuchs in Rennes auf. Seit seinem sechsten Lebensjahr spielt er Geige und Klavier, als Jugendlicher wirkte er außerdem Gitarre in einigen lokalen Post-Punk-Bands mit. Tiersen studierte an den Musikhochschulen in Rennes, Nantes und Boulogne-sur-Mer und gilt als begabter Multiinstrumentalist, der sich durch den innovativen Einsatz von Vintage- und elektronischen Instrumenten auszeichnet. International bekannt wurde er durch seinen Soundtrack für den Film „Die fabelhafte Welt der Amelié“ aus dem Jahr 2001. Nach einigen Jahren in Paris lebt er heute mit seiner Familie auf der bretonischen Insel Ouessant, wo er sein eigenes Musikstudio in einer verlassenen Diskothek eingerichtet hat und darin weiterhin neue musikalische Wege erkundet.
07. März 2025, 48° 27′ N, 5° 6′ W. Wir erreichen den Multiinstrumentalisten Yann Tiersen per Zoom auf der Insel Ouessant mitten im Atlantik. Die wilde Seele der Bretagne ist voller schroffer Schönheit – eine Beschreibung, die auch auf Tiersens neues Album passt, dessen musikalische Koordinaten meditative Klavierstücke und mitreißende Elektro-Grooves sind. Ein Gespräch über Nahtoderlebnisse, Slow Touring, die Überwindung des Kapitalismus – und eine Anti-Liebeserklärung an „Amélie“.
Yann Tiersen, Ihr neues Album besteht aus zwei sehr unterschiedlichen Teilen. Warum haben Sie nicht separate Alben daraus gemacht?
Weil die beiden Teile untrennbar miteinander verbunden sind. Der erste besteht aus minimalistischen Stücken über Selbstbetrachtung und Identität. Der zweite Teil knüpft daran an: Wenn man sich selbst findet, ist man nämlich eher bereit, hinaus in die Welt zu gehen und zu kämpfen. Meine Musik war eigentlich immer schon zweigeteilt: Mal habe ich akustische Gigs gespielt, mal elektronische. Dann trat ich in einer Kirche in Cork auf und der Promoter meinte: „Ich will nicht nur Klaviermusik. Kannst du nicht auch deine elektronischen Stücke spielen?“ Also habe ich das getan und fand die Mischung gut. Wobei sich elektronische Musik für mich definitiv organischer anfühlt.
Sie bezeichnen Ihr neues Album als den „Soundtrack unseres Aufstandes“. Warum?
Wir leben in seltsamen Zeiten. Ich glaube, wir erleben gerade den letzten Aufschrei der Dinosaurier: Sie erheben ihr hässliches Haupt, weil sie ahnen, dass der Asteroid bald einschlägt und sie von der Erde fegt. Wir müssen die Dinos ausrotten!